Vitaldaten via Ohr-Sensoren

So geht Telemonitoring bei COVID-19-Patienten in heimischer Quarantäne

Per Telemedizin oder Telefon können COVID-19-Patienten, die zu Hause in Quarantäne sind, überwacht werden, so dass zeitnah eingegriffen werden kann, wenn sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert. Das zeigen Erfahrungsberichte aus Bayern und Schleswig-Holstein.

Von Florian Staeck Veröffentlicht:
Die Ohr-Sensoren im Projekt der TU München messen Körpertemperatur, Sauerstoffsättigung des Blutes, Atemfrequenz und Puls.

Die Ohr-Sensoren im Projekt der TU München messen Körpertemperatur, Sauerstoffsättigung des Blutes, Atemfrequenz und Puls.

© Andreas Heddergott

München. COVID-19-Patienten in München, die zu Hause in Quarantäne sind, können durch telemedizinische Verfahren überwacht werden, so dass zeitnah eingegriffen werden kann, wenn sich ihre Vitalwerte verschlechtern. Professor Georg Schmidt von der TU München stellte bei einer Online-Veranstaltung des bayerischen Landesgesundheitsministeriums am Dienstag einen Zwischenstand der Studie vor.

Der Leiter der Arbeitsgruppe Biosignalverarbeitung und Oberarzt am Klinikum rechts der Isar verwies darauf, dass in 95 Prozent der Fälle für die infizierten Patienten häusliche Quarantäne angeordnet wird. Aufgegeben wird ihnen dabei, sich bei Verschlechterungen ihres Gesundheitszustands aktiv zu melden.

Das sei jedoch im Fall von COVID-19 mit Unwägbarkeiten verbunden, erläuterte Schmidt. Denn die Symptome könnten sich binnen Stunden dramatisch verschlechtern. Er verwies auf Studien, nach denen die Prognose für Patienten schlecht ist, die zu spät stationär eingeliefert werden.

Messung alle 15 Minuten

Ein engmaschiges Monitoring durch einen Hightechsensor, der wie ein Hörgerät getragen wird, soll eine solche Eskalation verhindern – die Initiatoren verbinden damit die Hoffnung, dass Intensivstationen entlastet werden können. Am Klinikum rechts der Isar überwacht ein Team von Technikern die Daten der teilnehmenden Patienten – nach Angaben von Schmidt sind es bisher täglich einige wenige.

Via Bluetooth werden die Daten über einen Sensor an einen Transmitter und dann weiter an einen Server übermittelt, auf den die Klinikmitarbeiter Zugriff haben: Alle 15 Minuten werden dabei Sauerstoffsättigung, Herz- und Atemfrequenz sowie die Körpertemperatur gemessen.

Der große Vorteil des Verfahrens bestehe darin, dass keine zusätzliche technische Infrastruktur notwendig ist, erläuterte Schmidt. Dadurch sei das Vorgehen prinzipiell hochskalierbar – zurzeit werden Patienten nur aus München überwacht.

Aktuell sei die Studie als Versorgungsforschung und nicht als randomisierte Studie angelegt – prinzipiell wäre es aber möglich, in einer clusterrandomisierten Studie die telemedizinisch betreute Region München mit anderen Regionen zu vergleichen.

Schleswig-Holstein geht anderen Weg

Einen anderen Weg des Monitorings von COVID-19-Patienten hat man in Schleswig-Holstein eingeschlagen. Ruth Hesse, Leiterin des Referats sektorenübergreifende Versorgung im Landesgesundheitsministerium, berichtete, wie sich die Gesundheitsämter im Norden mit niedergelassenen Ärzten digital vernetzt haben.

Vorab wird den infizierten Patienten in Quarantäne – so sie keinen eigenen haben – ein Hausarzt zugewiesen, der sie betreut. Die Ärzte fragen dann zweimal täglich telefonisch den Gesundheitszustand und Messdaten der Patienten ab. Aus dem ambulanten Monitoring entlassen werden Patienten, wenn sie länger als 48 Stunden symptomfrei sind.

Last auf viele Schultern verteilt

Bei ihren Anrufen dokumentieren die Ärzte die Parameter in einem Sieben-Punkte-Protokoll in einer Datenbank, berichtete Hesse. Ziel ist es, dass das Personal der Gesundheitsämter sich stärker etwa auf die Ermittlung von Kontaktpersonen konzentrieren kann.

Die Anrufe der Ärzte werden mit einer Pseudo-GOP abgerechnet und mit zehn Euro extrabudgetär vergütet. Der Großteil der 1900 Hausärzte im Norden nehme an dem Monitoring teil. Dadurch werde die Last der Betreuung auf viele Schultern verteilt, so Hesse. So könne man Sorge tragen, dass alle Infizierten überwacht und eskalierende Behandlungsverläufe rechtzeitig erkannt werden.

Durch die Pandemie seien viele neue Schnittstellen zwischen der KV und den Gesundheitsämtern entstanden. Es gebe weiten Konsens unter den Akteuren, dass diese Struktur auch über die Pandemie hinaus erhalten bleiben soll, so die Referatsleiterin.

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