Hilflosigkeit, keine Grundverweigerung

TI-Anwendungen bekannt, aber kaum genutzt

Eine repräsentative Befragung der gematik zum Stand der Digitalisierung im Gesundheitswesen zeigt auf: Bis die TI-Anwendungen breit genutzt werden, steht noch eine Menge Arbeit an.

Margarethe UrbanekVon Margarethe Urbanek Veröffentlicht:
Viele Ärztinnen und Ärzte haben bei verschiedenen TI-Anwendungen noch immer vor allem Fragezeichen im Kopf. Das zeigt eine aktuelle, repräsentative Befragung der gematik.

Viele Ärztinnen und Ärzte haben bei verschiedenen TI-Anwendungen noch immer vor allem Fragezeichen im Kopf. Das zeigt eine aktuelle, repräsentative Befragung der gematik.

© maxsim / stock.adobe.com

Berlin. Die Digitalisierung kommt in den Arztpraxen des Landes weniger schnell voran, als es von politischer Seite gerne gesehen würde. Zwar ist inzwischen die überwiegende Mehrheit der Arztpraxen an die Telematikinfrastruktur (TI) angebunden. Ein Zeichen dafür, dass aber sie auch die vorhandenen Anwendungen regelhaft nutzen, ist das aber nicht.

Ganz im Gegenteil: Obwohl Anwendungen wie der E-Medikationsplan, der Kommunikationsdienst KIM oder das Notfalldatenmanagement (NFDM) bekannt und Ärzten durchaus ein Begriff sind, werden sie in der Praxis kaum angewendet. Das legen Ergebnisse einer noch nicht veröffentlichten Befragung der gematik nah, die sie im ersten und dritten Quartal durchgeführt hat.

Lesen Sie mehr Details zum TI-Atlas

Nicht einmal jeder zweite Arzt nutzt das NFDM

Wie die „Ärzte Zeitung“ vorab erfahren hat, ist rund 90 Prozent der Ärztinnen und Ärzte der elektronische Medikationsplan bekannt – aber in nur 40 Prozent der Praxen ist auch das entsprechende Modul zur Nutzung vorhanden. Im Arbeitsalltag angewandt wird er gar nur von rund 18 Prozent der Ärztinnen und Ärzte.

Ein ähnliches Bild zeichnet sich laut Vorab-Angaben der gematik beim Notfalldatenmanagement ab: Während die breite Mehrheit der Ärzteschaft das NFDM kennt, wird es nicht einmal von jedem zweiten Arzt aktiv genutzt.

„Die Ergebnisse der Befragung schaffen eine Grundlage, zu erkennen, welche Prozesse erfolgreich laufen und wo wir noch anpacken müssen. Uns ist wichtig, in einen zahlen- und faktenbasierten Dialog mit allen Beteiligten treten zu können“, kündigt gematik-CPO Dr. Florian Hartge im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“ an. „Es ist nicht alles hundertprozentig super“, so Hartge.

Ärzte verfügten zwar häufig über die Basistechnologie, alle Funktionen aber hätten sie nicht installiert. Nach Einschätzung Hartges sei dies „selten eine Grundverweigerung, sondern eher Hilflosigkeit“.

Lehre: Wissenvermittlung verbessern

Das Hauptaugenmerk müsse in Zukunft daher auf der Wissensvermittlung liegen. Das gelte nicht nur für die Leistungserbringer, auch die Versicherten müssten offenbar stärker in die die Informationskette eingebunden werden. Ihnen, so Hartge, scheinen viele Anwendungen häufig nicht bekannt zu sein. Gleichzeitig aber zeigen verschiedene Befragungen immer wieder, dass die Versicherten grundsätzlich offen sind gegenüber der Digitalisierung im Gesundheitswesen – auch, weil digitale Anwendungen ohnehin bereits zu ihrem Alltag gehören.

Der gesamte Report der gematik, der ein Lagebild zur Digitalisierung des Gesundheitswesens zeichnen soll, soll im Laufe des Montags veröffentlicht werden.

Mehr zum Thema

Kommunikation und Datenschutz

Neue Perspektiven für IT in der Praxis

Zahlen der gematik

Mehr als 120 Millionen eingelöste E-Rezepte seit Januar

Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Verschiedene Gesichter

© Robert Kneschke / stock.adobe.com / generated with AI

Seltene Erkrankungen

GestaltMatcher – Per Gesichtsanalyse zur Orphan Disease-Diagnose

Künstliche Intelligenz gilt auch in der Medizin als Schlüsseltechnologie, mit deren Hilfe zum Beispiel onkologische Erkrankungen stärker personalisiert adressiert werden könnten.

© Kanisorn / stock.adobe.com

EFI-Jahresgutachten 2024 übergeben

KI: Harter Wettbewerb auch in der Medizin

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“