Fußball und knifflige Fragen zur Medizin: die WM der Ärzte

Sie sind die Klinsmänner in Weiß und fühlen sich bestens. Am 4. Juni startet die Fußball-Weltmeisterschaft der Ärzte. Anpfiff ist in diesem Jahr - wie könnte es anders sein - in Deutschland, nämlich in Mainz. 250 bis 300 Mediziner aus aller Welt werden erwartet. Die deutschen Jungs, alle zwischen 35 und 45 Jahre alt, sind hochmotiviert. Ob sie ihren 4. Platz vom letzten Jahr toppen können, muß sich zeigen. Eins steht jedenfalls jetzt schon fest: Im harten Kampf um die Pille, werden Sorgen über floatende Punktwerte, drohende Regresse oder überbordende Bürokratie für kurze Zeit vergessen sein.

Von Marion Lisson Veröffentlicht:

"Es wäre ein Knaller, wenn tatsächlich auch Socrates persönlich nach Mainz käme und mitkicken würde", erzählt Dr. Clemens Vogel von seinem großen Wunsch zur WM. Schließlich war der heutige Pädiater Socrates früher mal brasilianischer Nationalspieler. Vogel, Allgemeinarzt aus Mainz, ist nicht nur Organisationschef der diesjährigen Ärzte-WM, sondern auch Kapitän der deutschen Ärzte-Nationalmannschaft.

Der Hausarzt hat derzeit alle Hände voll zu tun. 16 Nationalmannschaften haben ihr Kommen angesagt. "Die WM ist jedes Jahr eine riesige Gaudi. Wir sind schon eine richtig eingeschworene Gemeinschaft."

Doch trotz aller Begeisterung: Echte Chancen auf den WM-Titel hat die deutsche Mannschaft dabei nicht wirklich. "Die Brasilianer, die Ungarn oder auch die Spanier haben Spieler in ihren Reihen, die in der 1. oder 2. Liga spielen", erzählt der 42Jährige. Und dennoch ist der Kampfgeist der Deutschen ungebrochen: "Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt", lacht der ehemalige Bezirksliga-Fußballer beim TSV Mommenheim. Schließlich hätten die Deutschen auch ein paar Oberliga-Spieler im Kader.

1995 hatte Dr. Feran Morell den Ball ins Rollen gebacht. Der Pneumologe aus Spanien organisierte damals die erste Ärzte-WM in Barcelona, die von da an jährlich in Kooperation mit dem Fußballclub FC Barcelona stattfand. Als 2004 Brasilien den Titel erringen konnten, boten die Gewinner an, die nächste WM in Rio de Janeiro zu organisieren. Deutschland, als offizielles FIFA-WM-Land 2006 wurde für dieses Jahr ausgewählt.

"Das ist jetzt jede Menge Streß für uns, aber es funktioniert", sagt Vogel über die Vorbereitungen. "Wir haben so viele Sympathien und Leute und nicht zuletzt auch Pharmaunternehmen, die uns sponsern und unterstützen - das klappt gut."

Ganz klar: Es ist eine WM ausschließlich für Ärzte. Das Reglement ist eindeutig: Schleichen sich fachfremde Sportler ein, droht ein Punkteabzug oder gar die Disqualifizierung von der WM. "In den ersten Jahren der WM haben tatsächlich besonders die südamerikanischen Mannschaften mal den einen oder anderen Nichtmediziner eingeschleust", erinnert sich Vogel. In den letzten Jahren sei das jedoch nicht mehr passiert. Kein Wunder, muß doch jeder Spieler, der mitmachen will, sein ärztliches Staatsexamen und Diplom vorweisen.

Und damit nicht genug: In der Halbzeit muß jede Mannschaft zwei Spieler des Gegners aussuchen und ihnen drei medizinische Fachfragen stellt. "Ist ja logisch, daß es meist die besten Spieler erwischt. Die will man ja auch als erstes loswerden", schmunzelt Vogel. "Welche Erscheinungen sind bei einer Fazialisparese zu erwarten?" - dies könnte zum Beispiel eine Frage sein, die die Gäste vom deutschen Team zu hören bekommen.

Es handelt sich also um eine WM mit ganzheitlichem Ansatz. Denn morgens wird gebüffelt, mittags gebolzt. Jede Mannschaft muß für den wissenschaftlichen Teil vormittags zwei oder drei Redner stellen. Ob Urologie, Herzchirurgie oder Naturheilkunde - von der Schulmedizin bis zur Alternativmedizin ist in dieser Woche alles vertreten. Von 10 bis 13 Uhr läuft der internationale Kongreß. Ab 15 Uhr rollt der Ball.

Die Hälfte der deutschen Mannschaft kommen aus dem niedergelassenen Bereich, die andere Hälfte aus der Klinik. Etwa 60 Spieler - von Hamburg bis zum Bodensee - gehören zum festen Kern. Bei der diesjährigen WM treten im deutschen Team 25 Mediziner an. "Alle kommen zum Einsatz. Keiner bleibt auf der Bank. Es wird im Gegensatz zur richtigen WM fliegend ausgewechselt."

Kein Wunder, daß das deutsche Team keinerlei Nachwuchsprobleme hat. Als die Mannschaft vor etwa zwei Jahren auf der Suche nach einem Torwort eine Anzeige schaltete, riefen spontan 100 Kollegen an und wollten mitmachen.

Ein Trainingslager, wie für die Klinsmänner, kann es für die Mediziner natürlich in Vorbereitung zur WM nicht geben. "Jeder trainiert an seinem Heimatort", so Vogel. Viermal im Jahr jedoch komme man zu Freundschaftsspielen zusammen oder spiele zu Gunsten einer karitativen Einrichtung.

Sollten sich die erhoffte Erfolge von Vogels Truppe bei der WM nicht einstellen, so bleibt immer noch ein kleiner Trost: Den "Fair-Play-Pokal", der jährlich bei der WM vergeben wird, haben die Deutschen nämlich schon zweimal gewonnen.

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Am 9. Juni steht der Weltmeister fest

Am Pfingstsonntag, am 4. Juni, um 15 Uhr, eine Woche vor der offiziellen Eröffnung der FIFA-WM 2006, ist Anpfiff zur diesjährigen Fußball-Weltmeisterschaft der Ärzte in Mainz. Gespielt werden die Vorrundenspielen auf der Sportanlage des TSV Schott Mainz. 16 Ärzte-Nationalmannschaften treten an. 200 bis 300 Mediziner werden dabei sein.

Im Gegensatz zu den FIFA-WM-Spielen müssen Zuschauer für den Eintritt bei den Ärzten nichts zahlen. "Wir bauen auf die Unterstützung unsere Patienten, Helferinnen und Familien. Viele haben angekündigt, uns lautstark anfeuern zu wollen", freut sich Dr. Clemens Vogel, Mannschaftskapitän der Deutschen.

Wenige Stunden vor dem Eröffnungsspiel der Fifa-WM am 9. Juni in München wird bei den Ärzten bereits der Weltmeister feststehen: Anpfiff für das Endspiel der Mediziner ist nämlich im Bruchwegstadion des 1. FSV Mainz 05 am 9. Juni um 15 Uhr. (mm)

Infos über die Ärzte- WM gibt es unter: www.dfae.de

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