Testosteron nicht tabu nach Prostata-Op

NEU-ISENBURG (ner). Urologen haben sich international weitgehend geeinigt, wann und wie Männer mit Androgendefizit zu behandeln sind. So wird zwar eine Testosteron-Substitution bei Serumwerten unter 8 nmol/l generell empfohlen, entscheidend für eine Therapie sind aber die Beschwerden. Zur Therapie mit anderen Androgenen wie DHEA wird in einem Konsensus-Papier nicht geraten.

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Die Symptome des Altershypogonadismus wie verminderte Libido, Stimmungsschwankungen, Abnahme der Muskelkraft oder die Zunahme des viszeralen Fetts sind uncharakteristisch, so Professor Eberhard Nieschlag vom Institut für Reproduktionsmedizin an der Universität Münster.

Durch Ausschluss weiterer Ursachen solcher Symptome sowie Messung des Gesamttestosterons und des Sexualhormon-bindenden Globulins (SHBG) kann, gemäß dem Papier, die Diagnose jedoch gestellt werden, so der Urologe, der maßgeblich an den folgenden internationalen Empfehlungen mitgearbeitet hat:

  • Bei Gesamttestosteron-Werten unter 8 nmol/l oder freiem Testosteron unter 180 pmol/l sollte substituiert werden. Bei Gesamttestosteron-Werten zwischen 8 und 12 nmol/l sind Therapieversuche zu erwägen. Es muss dabei der individuelle Leidensdruck berücksichtigt werden.
  • Empfohlen werden Präparate mit natürlichem Testosteron zur intramuskulären, subdermalen, transdermalen, oralen oder buccalen Applikation. Alkylierte Androgenpräparate sollten wegen möglicher Lebertoxizität nicht mehr verwendet werden. Nicht ausreichend sei der Erkenntnisstand zur Substitution mit DHT (Dihydro-Testosteron), DHEA (Dehydro-Epiandrosteron), DHEA-Sulfat, Androstendiol oder Androstendion.
  • Absolut kontraindiziert ist eine Testosteron-Therapie bei Prostata- oder Brustkrebs.
  • Es sollten strikte Sicherheitsvorkehrungen beachtet werden. Empfohlen werden eine digital rektale Untersuchung und eine PSA-Bestimmung vor Therapiebeginn. Dies sollte man im ersten Jahr alle drei Monate, danach jährlich wiederholen. Bei abnormalen PSA-Werten muss die Therapie abgesetzt und eine Prostata-Biopsie veranlasst werden. Hinzu kommen regelmäßige Kontrollen des Blutbildes, da bei der Therapie gelegentlich eine Polyzythämie auftritt.
  • Die Knochenmineraldichte, die bei der Therapie ansteigt, sollte alle zwei Jahre gemessen werden.
  • Bei Testosteronmangel und erektiler Dysfunktion (ED) kann auch die Therapie mit PDE-5-Hemmern indiziert sein, wenn die Substitution die Potenz nicht ausreichend bessert. Umgekehrt ist bei Männern mit Testosteronmangel und ED, die auf PDE-5-Hemmer nicht ausreichend ansprechen, auch an eine Testosteron-Substitution zu denken.
  • Nach erfolgreicher Prostatakrebs-Behandlung ist eine Testosteron-Substitution nicht grundsätzlich auszuschließen. Die Patienten sollten dabei jedoch besonders gründlich über Nutzen und Risiken aufgeklärt werden. Nachsorge- und Kontrolluntersuchungen müssen dann besonders sorgfältig erfolgen.

Das Konsensus-Papier ist einsehbar unter: www.kup.at/kup/pdf/5436.pdf

Lesen Sie dazu auch: "Der Leidensdruck der Patienten ist ausschlaggebend"

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