Ein Thema - zwei Meinungen

Falsches Signal durch Bonus-Programme?

Mal sind es 15 Taler, mal 20 Punkte. Immer häufiger werden Bonusprogramme auch genutzt, um Patienten die Praxisgebühr in Höhe von 10 Euro zu vergüten.

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Sie heißen Taler, Pluspunkte und Wertmarken und werden seit Jahren als Marketingmaßnahme genutzt, um Kunden den erneuten Einkauf in der Apotheke schmackhaft zu machen. Von Beginn an waren die Bonusprogramme immer wieder ein juristischer Zankapfel - nicht erst seit den Querelen um Rx-Boni.

Mehrfach haben sich Gerichte auch mit der Frage auseinandergesetzt, ob es berufsrechtlich zulässig ist, dass Apotheken Kunden gegen Vorlage einer bestimmten Bonuszahl die Praxisgebühr von 10 Euro in bar erstatten. Diese Werbung wurde von Kammern als irreführend gewertet, da der Apotheker nicht die Praxisgebühr zurückerstattet, sondern nur eine Zuwendung in gleicher Höhe gibt.

Neben unlauterem Wettbewerb wurde beklagt, die Rückzahlung der Praxisgebühr durch Apotheken vereitle den gesetzgeberischen Zweck der Gebühr. Dieser Auffassung hat sich die Rechtsprechung bisher nicht mehrheitlich angeschlossen - vor allem wenn es darum ging, durch welche Apothekeneinkäufe die Bonuspunkte gewonnen wurden.

So erachtete das Landesberufsgericht beim OLG München das Vorgehen als berufsrechtlich unbedenklich, sofern die Punkte beim Kauf nichtapothekenpflichtiger Produkte erworben wurden (Az. LBG-Ap 1/06). Wie ein Arzt und ein Apotheker dieses Vorgehen jenseits der juristischen Entscheidung sehen, lesen sie heute im Fokus. (run)

Der Arzt

Auf so eine Idee käme kein Arzt

Dr. Gerd W. Zimmermann, Hausarzt und stellvertretender Vorsitzender der KV Hessen.

Dr. Gerd W. Zimmermann, Hausarzt und stellvertretender Vorsitzender der KV Hessen.

© KV Hessen

Ich kenne es bisher nur bei den hausarztzentrierten Verträgen der ersten Generation, dass Krankenkassen die Möglichkeit nutzen, die Praxisgebühr zu erstatten beziehungsweise zu erlassen, um Patienten diese besondere Versorgungsform schmackhaft zumachen. Die Apothekenkunden erhalten hingegen nicht die Praxisgebühr zurück, sondern nur zufällig die gleiche Summe.

Natürlich kann man damit Werbung machen und Kunden anlocken. Es ist ja inzwischen durchaus üblich, zu seinem Einkauf auch Rabattmarken zu bekommen. Und Apotheker sind nun mal Freiberufler. Er begibt sich in meinen Augen damit aber genau auf die Ebene, die man ihm von ärztlicher Seite gerne unterstellt, nämlich die des "akademischen Schubladenziehers".

Solche Bonusmodelle - auch wenn sie in vielen Geweben genutzt werden - passen einfach nicht zu einem akademischen Freiberufler. Das hat mit dem normalen Apothekengeschäft nichts zu tun. Kein Arzt käme auf die Idee, bei seinen Patienten damit zu werben, dass sie zehn Euro erhalten bei Inanspruchnahme einer bestimmten Zahl von Selbstzahlerleistungen. Das würde im Übrigen auch eindeutig mit unserer Berufsordnung kollidieren.

Der Apotheker

Beim Wettbewerb eher auf Qualität setzen

Mathias Arnold, Inhaber der Lilien-Apotheke in Halle und Vorsitzender des LAV Sachsen-Anhalt.

Mathias Arnold, Inhaber der Lilien-Apotheke in Halle und Vorsitzender des LAV Sachsen-Anhalt.

© privat

Ich sehe die Erstattung von Praxisgebühren über ein Bonussystem in Apotheken unter zweierlei Gesichtspunkten kritisch. Zum einen ist fraglich, ob ein Steuerungsinstrument, das die Politik eingeführt hat, um den Patientenstrom zu regulieren, mit einem Rückzahlungsmodell konterkariert werden sollte.

Zum anderen setzt dieses Vorgehen auch standespolitisch ein falsches Signal. Grundsätzlich ist nichts gegen aktives Marketing und Wettbewerb der Apotheken einzuwenden. Wenn die Werbemaßnahmen aber so aussehen, als hätten Apotheker Geld zu verschenken - und zehn Euro sind ja nun keine Kleinigkeit - dann wird das womöglich auch von Politikern gesehen.

Und das ist kontraproduktiv für Gespräche, in denen es um die wirtschaftliche Situation vieler Apotheken geht und um die Frage, ob sie mit dem Geld, das sie verdienen, ihre vielen Aufgaben wirklich noch erfüllen können. Ob sich ein Bonusmodell, das die Preisverordnung für Arzneimittel nicht unterlaufen darf, betriebswirtschaftlich rechnet, muss jeder einzelne Inhaber selbst entscheiden.

Unter Umständen zieht man aber nur "Schnäppchenjäger" an, die genauso schnell wieder zum Konkurrenten wechseln. Nach meiner Meinung sollte Wettbewerb zwischen Apotheken vor allem auf qualitativer Ebene stattfinden.

Was halten Sie von Bonusmodellen zur Erstattung der Praxisgebühr? Schreiben Sie uns: Ärzte Zeitung Redaktion ApothekerPlus, Postfach 20 02 51, 63077 Offenbach, Fax: 0 61 02   5 06 - 4 41 55, E-Mail: apothekerplus@aerztezeitung.de

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