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Onpattro® – RNA-Interferenz erstmals bei hATTR-Amyloidose als Therapieoption

Onpattro® (Patisiran) von Alnylam ist eine kleine, interferierende Ribonukleinsäure (siRNA) und das erste in der EU zugelassene RNA-Interferenz-Therapeutikum. Bei erwachsenen Patienten mit hereditärer Transthyretin-Amyloidose (hATTR-Amyloidose) mit Polyneuropathie werden Symptome und die Lebensqualität deutlich gebessert.

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Onpattro® – RNA-Interferenz erstmals bei hATTR-Amyloidose als Therapieoption

Die hereditäre Transthyretin-Amyloidose (hATTR-Amyloidose) ist eine progrediente, autosomal-dominant vererbte Erkrankung, deren Auslöser eine Mutation im Gen für das Protein Transthyretin (TTR) ist. Infolge der Mutation wird fehlgefaltetes TTR gebildet, das sich als Amyloid in Form von Fibrillen in Geweben und Organen ablagert und diese dadurch zunehmend schädigt. Betroffen sind besonders das periphere Nervensystem und das Herz. Charakteristisch für die hATTR-Amyloidose sind daher eine progrediente periphere sensorische Polyneuropathie und eine Kardiomyopathie.

Die Prognose der Patienten ist schlecht. Nach Diagnosestellung liegt die mediane Überlebenszeit bei drei bis fünf Jahren. Mit der Entwicklung des RNA-Interferenz (RNAi)-Therapeutikums Patisiran (Onpattro®) von Alnylam bietet sich für Patienten mit hATTR-Amyloidose erstmals die Chance, das Fortschreiten der Erkrankung durch eine kausale Therapie deutlich bremsen und die Symptome aufhalten zu können.

Neues Therapieprinzip

RNAi-Therapeutika wie Patisiran repräsentieren ein komplett neues Therapieprinzip. Sie unterdrücken die Synthese des krankmachenden Proteins auf der Ebene der defekten messenger RNA, ohne das Erbgut zu verändern. Bei Patisiran handelt es sich um kleine, interferierende RNA-Moleküle (siRNA), die letztendlich die Bildung des fehlgefalteten und dadurch pathogenen TTR unterbinden. Patisiran enthält die siRNA verpackt in Lipid-Nanopartikeln.

Zugelassen ist das seit Oktober 2018 in Deutschland erhältliche RNA-Interferenz-Therapeutikum zur Behandlung der hATTR-Amyloidose bei erwachsenen Patienten mit Polyneuropathie der Stadien 1 oder 2.

Relevant für die Zulassung waren besonders die Ergebnisse der randomisierten, doppelblinden APOLLOStudie, in der die Wirksamkeit und Sicherheit von Patisiran bei 225 hATTR-Patienten mit Polyneuropathie evaluiert wurden. Die Patienten wurden im Verhältnis 2:1 randomisiert und erhielten entweder alle drei Wochen 0,3 mg/kg Körpergewicht Patisiran als intravenöse Infusion oder Placebo. Primärer Endpunkt war die Veränderung der polyneuropathischen Symptome, gemessen anhand des Neuropathy Impairment Score+7 (mNIS+7), einer Skala von 0 (keine) bis 304 (starke Beschwerden), mit der das Ausmaß der Behinderung durch die Polyneuropathie quantifiziert werden kann.

Nach 18 Monaten zeigte sich, dass der mNIS+7 in der Patisiran-Gruppe von anfangs im Mittel 80,9 Punkten um im Mittel 6,0 Punkte abgenommen hatte. Dagegen hatte er im gleichen Zeitraum unter Placebo von im Mittel 74,6 Punkten um 28,0 Punkte zugenommen (p < 0,001). Auch beim speziell auf die Neuropathie zielenden Lebensqualitäts-Score Norfolk QoL-DN sowie bei der Gehstrecke, zwei sekundären Endpunkten, gab es jeweils hoch signifikante Vorteile für das RNA-Therapeutikum gegenüber Placebo (je p < 0,001).

Eine Besserung der Polyneuropathie, definiert als Abnahme des mNIS+7-Scores im Vergleich zum Ausgangswert, trat bei 56 Prozent der Patienten im Patisiran-Arm versus 4 Prozent im Placebo-Arm ein. Bei 51 Prozent der Patienten unter Verum versus 10 Prozent unter Placebo verbesserte sich der Norfolk QoL-DN-Score gegenüber dem Ausgangswert.

Positiver Effekt auf Kardiomyopathie

Im Hinblick auf das Herz konnte in einer exploratorischen Auswertung der APOLLO-Studie gezeigt werden, dass jene 126 Patienten von der Behandlung mit Patisiran profitierten, bei denen zu Studienbeginn eine Kardiomyopathie mit einer linksventrikulären Wanddicke von mindestens 13 mm vorgelegen hatte: Die echokardiografisch erfasste globale longitudinale Ventrikelspannung (GLS) verbesserte sich unter Patisiran-Therapie im Vergleich zu Placebo insbesondere in den basalen Abschnitten des Myokards. In dieser Region lagert sich das Amyloid bei der hATTR-Kardiomyopathie bevorzugt ab.

Patisiran wird gut vertragen. In der APOLLO-Studie war die Gesamtinzidenz unerwünschter Ereignisse in beiden Studienarmen ähnlich. Lediglich unmittelbar infusionsbedingte Reaktionen traten bei PatisiranTherapie häufiger auf als bei Placebo (19 versus 9 Prozent).

Insgesamt zeigt die APOLLO-Studie, dass die Therapie mit Patisiran wesentlich zur Stabilisierung der Erkrankung sowie zur Besserung der Symptome und der Lebensqualität beitragen kann.

Positives G-BA-Votum

Die Ergebnisse der APOLLO-Studie haben mittlerweile auch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) überzeugt: Im März 2019 bescheinigte das Gremium Patisiran einen beträchtlichen Zusatznutzen bei der Behandlung der hATTR-Amyloidose bei erwachsenen Patienten mit Polyneuropathie der Stadien 1 und 2. (gvg)
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