Arzneimittelversorgung

Ärztetag kritisiert Lieferengpässe

Preisdumping hat aus Sicht des Ärztetages zu den Lieferengpässen bei Arzneimitteln beigetragen.

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FREIBURG. Der Ärztetag hat das Bundesgesundheitsministerium unmissverständlich aufgefordert, mit politisch wirksamen Maßnahmen immer wieder auftretenden Lieferengpässen bei Antibiotika und anderen essenziellen Arzneimitteln entgegenzuwirken.

Antibiotika seien gegenwärtig überwiegend generisch und würden "extrem preiswert" angeboten. Eine solche Preisgestaltung sei nur möglich, weil Produktionsorte und Produktionsbedingungen gewählt würden, die außerhalb teurer Produktionsländer liegen, also überwiegend Indien und China. Außerdem gebe es weltweit nur noch sehr wenige Produktionsstätten. Bei Produktionsproblemen komme es schnell zu Lieferengpässen.

Ferner führten die Bedingungen der Antibiotikaherstellung im geografischen Umfeld der Produktion zu einer hohen Konzentration der Antiinfektiva mit der Folge einer deutlichen Zunahme multiresistenter Erreger in der Umwelt und im Trinkwasser. Über die Nahrungskette führe dies zu einer globalen Verbreitung multiresistenter Erreger.

Auch bei anderen Arzneimitteln, etwa bei Impfstoffen, sei es in der Vergangenheit zu teils nicht kompensierbaren Lieferengpässen gekommen. Die nach dem Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz vorgesehene Meldepflicht der Hersteller hält der Ärztetag für nicht geeignet, Versorgungsnotstände zu vermeiden. Es seien weitere Regeln nötig. Sie sollten zeitnah in Zusammenarbeit mit ärztlichen Gremien umzusetzen.

An den Gemeinsamen Bundesausschuss appelliert der Ärztetag, das Verfahren zur Verordnung von Cannabis und seine Weiterverwendung zum medizinischen Gebrauch praktikabler, einfacher und rechtssicher zu gestalten. Derzeit müsse der betroffene Patienten vor der erstmaligen Verordnung eines Cannabispräparats eine Genehmigung seiner Kasse einzuholen. Der Ärztetag hält es für fraglich, ob dies der richtige Weg ist. Noch nicht abschließend geklärt sei, ob auch eine Genehmigung eingeholt werden muss, wenn bei gleicher Indikation auf eine andere Cannabistherapie umgestellt werden soll.

Ferner fordert der Ärztetag Krankenkassen und Verbraucherschutzorganisationen auf, transparent und umfassend darüber zu informieren, wenn Arzneimittel ihre Erstattungsfähigkeit in der GKV verlieren. Dies betreffe etwa Antiallergika, Antimykotika und seit 2016 auch kortisonhaltige Nasensprays bei bestimmten Indikationen. Außerdem sollten Kassen erwägen, ob sie solche Arzneimittel als Satzungsleistung erstatten können – anstelle fragwürdiger Leistungen wie Wellnesskurse oder Bonuszahlungen. Auf diese Weise könnte die Versorgung sozial schwacher Menschen mit sinnvollen OTC-Arzneimitteln verbessert werden. (HL)

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