Informationstechniken in der Medizin

Digitalisierung macht Patienten zum Souverän ihrer Daten

Mehr Tempo bei der Digitalisierung und den Patienten zum Souverän seiner Gesundheitsdaten machen – das ist das erklärte Ziel dreier Protagonisten für die Anwendung neuer Informationstechniken in der Medizin.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Im Interview der Ärzte Zeitung: Gottfried Ludewig, Jens Baas und Hagen Pfundner (v.l.)

Im Interview der Ärzte Zeitung: Gottfried Ludewig, Jens Baas und Hagen Pfundner (v.l.)

© Rolf Schulten

BERLIN. Schneller Aufbau der Telematikinfrastruktur, digitale Anwendungen zügig in die Regelversorgung bringen, die Souveränität der Patienten über ihre Daten stärken – das steht ganz vorn auf der Agenda von Dr. Gottfried Ludewig, dem Leiter der neu geschaffenen Abteilung Digitalisierung und Innovation im Bundesgesundheitsministerium. Gemeinsam mit Dr. Jens Baas, dem Vorstandsvorsitzenden der Techniker Krankenkasse, und dem Vorstand der Roche Pharma AG, Professor Hagen Pfundner, der im Bundesverband der Deutschen Industrie die industrielle Gesundheitswirtschaft vertritt, stellte er sich den Fragen der "Ärzte Zeitung" zum geplanten Aufbruch in ein digitalisiertes Gesundheitswesen.

Die wichtigsten Thesen aus dem Dreier-Gespräch:

  • Digitalisierung schafft nicht den gläsernen Patienten, sondern macht ihn zum Souverän seiner Gesundheitsdaten, der darüber entscheidet, wie und mit wem er diese Informationen teilt.
  • Wettbewerb und schrittweiser Fortschritt: Einigkeit besteht darin, dass die Suche nach 100-Prozent-Lösungen – gemeinsam und einheitlich – die Digitalisierung gehemmt hat. Initiativen einzelner Player – wie etwa die TK mit ihrer E-Akte – sind erwünscht, auch wenn am Anfang nicht die perfekte Lösung steht.
  • Mehrwert für Patienten durch Kooperation, insbesondere auch der Pharma-Industrie und der Krankenkassen. Aus dieser Partnerschaft erwachse auch Vertrauen in neue Geschäftsmodelle, glaubt Hagen Pfundner.
  • Datensharing: Gesundheitsdaten sollen auch in die industrielle Forschung einfließen können – dass Patienten dies ganz überwiegend befürworten, ist Pfundner sich sicher. Pfundner: "Wir sind nie an Daten einzelner Patienten interessiert, sondern nur an Kollektiven und an anonymen Daten." Gerade kranke Menschen würden sehr schnell den Mehrwert von Datensharing erkennen und daher mit großer Mehrheit auch einer anonymen Verwendung ihrer Daten für die industrielle Gesundheitswirtschaft zustimmen.
  • Algorithmen und Künstliche Intelligenz: Der Arzt erhält Informationen und Entscheidungshilfen, die er selbst in seiner Praxis nicht generieren kann – aber es bleibt bei seiner Verantwortung und Entscheidungsfreiheit. "In 10 oder 15 Jahren könnte es sogar illegal sein, eine Diagnose zu stellen, ohne dafür ein Expertensystem zurate zu ziehen", prognostiziert Baas.
  • Flexibler und agiler Rechtsrahmen: Ludewig und Pfundner sind sich einig, dass die Wirkungen neuer Technologien schwer vorhersehbar sind und Unsicherheit schaffen. "Deshalb brauchen wir eine dynamische Gesetzgebung, die auch deutlich schärfer mit Sanktionen bei Missbrauch reagiert", sagt Ludewig.
  • Umsetzung der EU-Datenschutzgrundverordnung: Einmütig wird das Ziel postuliert dass der Föderalismus in Deutschland nicht zu einer unterschiedlichen Interpretation und Rechtsanwendung führen soll. TK-Chef Baas: "Wenn wir die Datenschutzgrundverordnung als Mittel sehen, den Patienten vor sich selbst zu schützen, dann kommen wir nie voran."

Drei ziehen an einem Strang

» Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse, hat eine TK-eigene E-Patientenakte eingeführt.

» Dr. Gottfried Ludewig, Leiter der neuen Abteilung Digitalisierung und Innovation im BMG soll die E-Health Strategie voranbringen.

» Professor Hagen Pfundner, Vorstand der Roche Pharma AG, sieht eine neue Medizin-Qualität für Ärzte und Patienten.

Lesen Sie dazu das vollständige Interview: "Wir müssen den Patienten zum Souverän seiner Daten machen"

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