Onkologie

Training unter Radiotherapie auch bei instabilen Knochenmetastasen eine Option?

Aus Sorge vor Frakturen gelten instabile Knochenmetastasen bisher als Kontraindikation für ein onkologisches Bewegungstraining. Eine laufende Studie könnte hier ein Umdenken bewirken.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:
Es gibt zahlreiche Hinweise auf positive Effekte von Trainingsmaßnahmen bei Tumorpatienten auch unter Therapie. (Symbolbild mit Fotomodellen)

Es gibt zahlreiche Hinweise auf positive Effekte von Trainingsmaßnahmen bei Tumorpatienten auch unter Therapie. (Symbolbild mit Fotomodellen)

© Christopher Pattberg / Getty Images / iStock

BERLIN. Generell gelte, dass Krebspatienten, die von ihrer Gesamtkonstitution her zu einem körperlichen Training in der Lage sind, dies auch tun sollten, sagte Dr. Tanja Sprave von der Radioonkologie und Strahlentherapie am Universitätsklinikum Heidelberg beim 33. Deutschen Krebskongress in Berlin: "Es gibt zahlreiche Hinweise auf positive Effekte von Trainingsmaßnahmen bei Tumorpatienten auch unter Therapie."

Ein gewisses Fragezeichen gibt es bisher bei Patienten mit Knochenmetastasen. Sie liegen häufig im Bereich der Wirbelsäule, sodass Frakturen in diesem Bereich das Rückenmark gefährden könnten. Derzeitige Empfehlung sei deswegen, bei Patienten mit instabilen Knochenmetastasen von sportlicher Betätigung abzuraten, so Sprave.

Bei Patienten mit stabilen Knochenmetastasen dagegen habe die DISPO-Studie des Universitätsklinikums Heidelberg schon vor vier Jahren gezeigt, dass sportliche Betätigung segensreich ist. Sie führte konkret dazu, dass deutlich mehr Patienten auf schmerzlindernde Therapien ansprachen. Bei intensiver Wirbelsäulengymnastik zeigten in der Trainingsgruppe 48 Prozent der strahlentherapeutisch behandelten Patienten ein komplettes und 20 Prozent ein partielles Ansprechen auf die Schmerztherapie. In der Kontrollgruppe mit Entspannungstherapie – heiße Wickel – waren es nur 22 beziehungsweise 26 Prozent (BMC Cancer 2014; 14:485).

Angesichts dieser Erfolge wollen die Heidelberger die Wirbelsäulentherapie jetzt auch auf Patienten mit instabilen Metastasen ausdehnen – festgemacht am in der Strahlentherapie gängigen Taneichi-Score. Zur Vorbereitung haben sich die Ärzte in einer retrospektiven Analyse über 900 Patienten mit Wirbelsäulenmetastasen genauer angesehen. (BMC Cancer 2015; 15:745)

Ein Teil der Patienten nutzte wegen instabiler Metastasen zur Stabilisierung ein Korsett. "Wir konnten zeigen, dass es bei der Rate an pathologischen Frakturen keinen signifikanten Unterschied zwischen Patienten mit und ohne Korsett gab", so Sprave. Mit anderen Worten: Die Ruhigstellung bringt nichts.

So abgesichert wurde dann die DISPO-2-Studie aufgelegt, die derzeit rekrutiert. Jeweils 30 Patienten werden entweder konventionell ohne Bewegungstherapie versorgt oder erhalten fünfmal die Woche ein Wirbelsäulentraining – ohne Korsett.

Bisher seien die Erfahrungen positiv, so Sprave: "Das Training kommt bei den Patienten sehr gut an. Viele sind enttäuscht, wenn sie in die Kontrollgruppe gelost werden." Sprave geht davon aus, dass die Rekrutierung noch dieses Jahr abgeschlossen und Ergebnisse dann 2019 vorgelegt werden können: "Unser Ziel ist, die gängigen Empfehlungen zu hinterfragen."

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