Biomarker richtig interpretieren

Troponin-T-positiv heißt nicht unbedingt Herzinfarkt

Das Troponin T, insbesondere hochspezifisches Troponin T (hs-TrT), hat die Diagnostik in der Notaufnahme bei Verdacht auf Herzinfarkt erheblich verbessert. Aber Patienten mit erhöhtem Troponin T (TrT) – abgesehen von STEMI-Patienten – gehören nicht sofort auf den Kathetertisch.

Von Roland Fath Veröffentlicht:
Troponin positiv – Kardiale Troponine sind zu 100 Prozent spezifisch für das Herz.

Troponin positiv – Kardiale Troponine sind zu 100 Prozent spezifisch für das Herz.

© Pruser / Fotolia

Troponin T (TrT) ist ein wichtiger Biomarker für eine Myokardschädigung, aber kein Marker eines Herzinfarktes. "Eine Infarktdiagnose kann nicht nur anhand eines erhöhten Troponinwertes erfolgen", betonte Professor Stephan Baldus, Kardiologe am Universitätsklinikum Köln beim DGIM 2018 in Mannheim. Zusätzlich müssen eine entsprechende Klinik und/oder ein Stenosenachweis in der Bildgebung oder aus der Katheteruntersuchung vorliegen.

Natürlich sei nicht bei jedem Patienten mit einem positiven Troponin T-Wert eine Katheteruntersuchung erforderlich, so Baldus. Zu Recht stünden in Deutschland Katheteruntersuchungen in der Kritik, weil sie zu häufig eingesetzt würden. Das ändere nichts an ihrem hohen Stellenwert in der Infarkttherapie. Baldus: "Eine PCI ist die wichtigste Intervention bei Infarktpatienten".

Hochsensitiver Troponin T-Test

Was leistet die Troponin T-Messung? Kardiale Troponine sind zu 100 Prozent spezifisch für das Herz. "Je höher der Messwert, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit eines Infarktes", betonte Baldus. Liege das Troponin T mehr als das Fünffache über dem Normwert, betrage die Wahrscheinlichkeit über 90 Prozent, sei es mehr als dreifach erhöht, über 60 Prozent.

Durch die Verfügbarkeit des hochsensitiven Troponin T-Tests (Cut-off 0,014 µg/l) wurde die Sensitivität im Vergleich zum klassischen Troponin T (Cut-off 0,1 µg/l) weiter verbessert. Der hochsensitive Test beschleunige die Diagnostik und den Therapiebeginn bei Patienten mit Infarktverdacht, sagte Baldus. Es würden häufiger NSTEMI, seltener instabile Angina diagnostiziert. Dies aber auf Kosten der Spezifität, die bei einmaliger Messung bei 90 Prozent liege. Daher sei auch die Verlaufskontrolle wichtig.

Bleibt der Wert über drei Stunden erhöht, liegt die Sensitivität für einen Infarkt bereits bei 98 Prozent, bei anhaltend hohen Werten über 6 Stunden bei 100 Prozent. Es gebe jedoch bei der Verlaufskontrolle noch keinen allgemein anerkannten Grenzwert, ab wann eine Veränderung klinisch relevant sei, so Baldus. In der ESC-Leitlinie zum Management bei akuten Thoraxschmerzen wird ein Anstieg des TrT-Werts > 20 Prozent über den Ausgangswert genannt.

Geringe TrT-Wert-Erhöhung

Außerdem zu beachten: Auch bei Patienten mit Niereninsuffizienz sind die Troponinwerte erhöht, weil die Niere das kardiale Enzym filtert. Bei niereninsuffizienten Patienten seien erhöhte Troponinwerte ebenfalls relevant und korrelierten langfristig mit dem Überleben, berichtete Baldus.Liegt der TrT-Wert bei der initialen Messung in der Notaufnahme nur leicht über dem Grenzwert, kommen laut Baldus sowohl ein kleinerer Infarkt, ein größerer Infarkt im Frühstadium, eine Myokarditis, eine hypertensive Krise, ein Schock, eine chronische Herzinsuffizienz oder eine Takotsubo-Kardiomyopathie, in Frage.

Baldus schilderte folgenden Fall: Ein 75-jähriger Mann ohne kardiale Vorgeschichte wird mit akuten Schmerzen im Thorax, Abdomen und Rücken in die Notfallambulanz eingeliefert. Das hsTrT liegt initial bei 0,05 µg/l und 3 Stunden später bei 0,12µg/l. Begleiterkrankungen: Typ-2-Diabetes, eine COPD im Gold-Stadium III sowie eine obstruktive Schlafapnoe. Das EKG liefert kein eindeutiges Bild.

Der Patient kommt auf den Kathetertisch, bei der Angiographie wird jedoch keine Stenose in den Koronarien gefunden. Der Patient wurde umsonst katheterisiert, was aber kaum vorauszusehen war. Es lag eine stressbedingte Takotsubo-Kardiomyopathie vor, die bei den meisten Patienten eine günstige Prognose hat. Der 75-jährige Mann erholte sich schnell wieder.

Fallstricke in der Praxis gibt es auch aufgrund der speziellen Kinetik des vom Herz freigesetzten Troponins, das eine Halbwertszeit von mehr als zwei Wochen hat. Auch nach erfolgreicher Reperfusion kann es bei den Behandelten am 2.-4. Tag zu einem erneuten Troponin-Peak kommen. Die Abgrenzung zum Reinfarkt gelinge anhand der Klinik und der CK-MB, berichtete Baldus. Komme es innerhalb von zwei Wochen nach Infarkt zu erneuten Beschwerden, sei die Unterscheidung von noch oder erneut erhöhtem Troponin T schwierig.

Bei Patienten mit STEMI kann der Infarktverdacht in der Regel anhand des EKG geklärt werden. Ausnahmen: Patienten mit Rechtsschenkelblock und einem sogenannten MINOCA (Mykardinfarkt bei nicht-obstruktiven Koronarien), ausgelöst beispielsweise durch eine Myokarditis, eine Lungenembolie oder Koronarspasmen. Bei STEMI-Patienten sollte eine invasive Abklärung möglichst innerhalb von zwei Stunden nach dem Akutereignis erfolgen, bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom je nach Risikogruppe innerhalb von 24 Stunden (Hochrisikogruppe) bzw. 72 Stunden (übrige Patienten).

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