Gesundheitsnetz Adlershof

Aktive Mittagspause statt ergonomischer Bürostühle

Gesundheitsmanagement. In Adlershof nahe Berlin sorgt ein Netz für die Gesundheitsvorsorge von Ingenieuren und Wissenschaftlern. Dafür braucht es Kreativität.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
Gymnastik reicht nicht mehr: Modernes Gesundheitsmanagement braucht noch andere Angebote.

Gymnastik reicht nicht mehr: Modernes Gesundheitsmanagement braucht noch andere Angebote.

© Racle Fotodesign / stock.adobe.com

Isabel Dietrich war morgens immer nervös, wenn sie auf ihre S-Bahn zum Büro nach Adlershof wartete und ein Termin anstand. Würde sie pünktlich sein? Rund eine Stunde braucht die Sicherheitsingenieurin bis ins Unternehmen, manchmal deutlich länger. „Es setzt mich unter Stress, dass ich nicht genau weiß, ob ich mich auf die Verkehrsmittel verlassen kann.“

Dann hat sie bei einem Stressmanagementkurs des Gesundheitsnetzwerks Adlershof autogenes Training gelernt – und noch etwas: Sie vereinbart morgens keine Termine mehr. Nun fährt die Pendlerin deutlich entspannter zur Arbeit. Ihre positiven Erfahrungen trägt Isabel Dietrich als Gesundheitsapostel des Netzwerks weiter in ihr Unternehmen.

Interessant auch für Start-ups

Auf Menschen wie sie ist das Netzwerk angewiesen, damit es sich am großen Technologiepark Adlershof im Osten Berlins etablieren kann. Das neuartige Modell des standortbezogenen, überbetrieblichen Gesundheitsmanagements wendet sich an etwa 22 000 Mitarbeiter aus rund 1200 Unternehmen. Darunter auch Kleinunternehmen, Start-ups und Selbstständige. Die Techniker Krankenkasse, die das Gesundheitsnetzwerk Adlershof gemeinsam mit der Standortmanagementgesellschaft WISTA aufbaut, bezeichnet es als das größte Netzwerk des betrieblichen Gesundheitsmanagements bundesweit.

„Das Besondere an diesem Projekt ist, dass es unternehmensübergreifend ist und auch Unternehmen einbindet, die gar nicht die Größe hätten, solche Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements zu starten“, sagt TK-Regionalleiterin Susanne Hertzer.

Sie zeigt sich überzeugt, „dass dieses Modell ein Vorbild für andere Standorte sein kann“. Ein kleineres Modell hat die TK auf dem Gesundheitscampus Berlin-Buch etabliert. Das Gesundheitsnetzwerk in Adlershof ist organisatorisch eine größere Herausforderung. Zentral ist, dass es eine Institution gibt, die den Hut aufhat. Das ist in Adlershof die WISTA.

Wie jedes betriebliche Gesundheitsmanagement umfasst das Gesundheitsnetzwerk Adlershof Maßnahmen von allgemeiner Information, über Kursangebote bis zu individueller Beratung für Unternehmen oder für einzelne Mitarbeiter. Doch im Unterschied zum betrieblichen Gesundheitsmanagement kann das überbetriebliche Gesundheitsmanagement nicht direkt auf die Beschäftigten durchgreifen. Die WISTA kann nur Anregungen geben und Angebote machen.

Damit die Angebote ankommen, müssen sie für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen attraktiv und leicht zugänglich sein. Mit Plakaten und Flyern wirbt die WISTA am Standort für das kostenlose Angebot. Dafür wurde eine App eingerichtet, um Kurse zu buchen und über neue Angebote und Veranstaltungen informiert zu werden. Seit zwei Jahren gibt es das Netzwerk, über 1000 Menschen nutzen die App. TK und WISTA haben nun eine Verlängerung um drei Jahre bis 2023 vereinbart. Mit größeren Veranstaltungen wollen sie jetzt weiter in die Breite gehen.

Nach Angaben von WISTA-Chef Roland Sillmann zeigen die Chefetagen der Firmen durchaus Interesse. „Das Bewusstsein steigt, dass gesunde Arbeitsbedingungen wichtig sind, weil Unternehmen langfristig sonst keine qualifizierten Mitarbeiter mehr bekommen.“ Führungskräfteseminare waren nach seinen Angaben bislang immer sehr schnell ausgebucht – wohl nicht zuletzt, weil sie auf die speziellen Herausforderungen neuer Arbeitswelten eingehen.

Der Lauftreff ist schon etabliert

Sillmann spricht von neuen Rahmenbedingungen: Arbeit 4.0, Homeoffice, Videokonferenzen und Arbeitsflexibilisierung. Statt ergonomischer Bürostühle und Rückengymnastik rücken Stressmanagement und Arbeitsorganisation, Digitalisierung, Feedbackkultur und Vernetzung in den Fokus. Da können Kurse nicht abends stattfinden, wenn Teilzeitkräfte schon weg sind. Stattdessen gibt es aktive Mittagspausen.

Gesundheitsapostel Isabel Dietrich etwa trifft sich nun regelmäßig mittags mit drei Kolleginnen zum Yoga, bevor sie gemeinsam Essen gehen. Sie nimmt auch am standortweiten Lauftreff teil. Der Lauftreff ist mittlerweile etabliert. Nach einem Anschub aus dem Gesundheitsnetzwerk läuft er nun von selbst.

Gesundheitsnetzwerk Adlershof www.adlershof.de/gesund/

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