Epileptischer Anfall

Benzo i.m. toppt Benzo i.v.

Werden Benzodiazepine nicht intravenös, sondern auf anderem Wege verabreicht, lassen sich epileptische Anfälle schneller unterbrechen. Der Grund ist wohl die einfachere Applikationsweise: Einen I.v.-Zugang zu legen, dauert zu lange.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Erstversorgung bei Status epilepticus: Sollten Benzos tatsächlich i.m. verabreicht werden?

Erstversorgung bei Status epilepticus: Sollten Benzos tatsächlich i.m. verabreicht werden?

© benjaminnolte/stock.adobe.com

FORT SAM HOUSTON. Nicht nur bei einem Schlaganfall, auch bei anhaltenden epileptischen Anfällen zählt jede Minute: Gelingt es nicht, die Anfälle rechtzeitig zu unterbrechen, steigt die Wahrscheinlichkeit für Hirnschäden oder Tod mit jeder Minute; zudem sinken die Chancen, dass die Notfallmedikamente noch wirken.

Eine rechtzeitige Therapie mit intravenös verabreichten Benzodiazepinen kann die Anfälle in der Regel zwar rasch beenden. Bis ein Notarztteam vor Ort ist und das Medikament injiziert, vergeht aber viel kostbare Zeit. Doch selbst dann ist die intravenöse Behandlung nicht immer die beste Option: Mit alternativen Applikationsformen gelangen Ärzte häufig schneller zum Ziel.

Zu diesem Schluss kommt eine Analyse von zehn randomisierten und einer quasi-randomisierten Studie zur Erstversorgung bei Status epilepticus (Annals of Emergency Medicine 2017, online 14. Juli). In diesen Studien waren über 1600 Patienten notfallmäßig behandelt worden, zumeist Kinder, berichten Ärzte um Dr. Brit Long von der Militärklinik in Fort Sam Houston. Unterm Strich kam es in den Studien signifikant seltener zum Therapieversagen, wenn die Ärzte einen anderen Weg als den intravenösen wählten, um das Benzodiazepin in den Blutkreislauf zu bringen (Odds Ratio = 0,72). Meist bestand die alternative Therapie aus Midazolam i.m., aber auch intranasales Midazolam und Lorazepam kamen zur Anwendung. I.v.-Therapeutika waren zumeist Diazepam und Lorazepam.

I.v.-Zugang zu legen, dauert lange

Eine Analyse von sieben Studien ergab, dass I.v.-Therapeutika zwar rascher wirkten und schneller einen Anfall beendeten, wenn sie erst einmal verabreicht waren. Wurde jedoch die Zeit von der Therapieentscheidung bis zum Ende des Anfalls gewertet, lagen die alternativen Applikationswege vorn: Mit ihnen gelang es deutlich schneller, den Anfall zu stoppen. Die Mediziner um Long gehen davon aus, dass es viel Zeit kostet, bei einem krampfenden Patienten einen I.v.-Zugang zu legen, und daher intranasale und intramuskuläre Methoden schneller zum Ziel führen, obwohl es länger dauert, bis die Wirkung nach der Applikation eintritt.

Der Vorteil der alternativen Applikationsformen wurde jedoch nicht in allen Subgruppen bestätigt. Berücksichtigten die Autoren der Analyse nur die Kinder in der größten Studie (Midazolam i.m. versus Lorazepam i.v.), so unterschied sich bei diesen 750 Patienten die Erfolgsquote nicht signifikant. Größere Differenzen zeigten sich auch nicht bei schweren unerwünschten Wirkungen wie Atemdepression.

Zwar sei noch nicht klar, welcher Applikationsweg der günstigste ist. Doch da in den Studien bei den meisten Patienten intramuskuläres Midazolam gegen intravenöse Therapie verglichen worden ist, sei die Midazolam-i.m.-Therapie eine "vernünftige therapeutische Option für Ärzte, die eine Alternative zu intravenösen Benzodiazepinen suchen", schreiben Long und Mitarbeiter.

Studienergebnisse in Kürze

» In den analysierte Studien kam es signifikant seltener zum Therapieversagen, wenn Ärzte einen anderen Weg als den intravenösen wählten, um Benzodiazepine bei einem Status epilepticus zu verabreichen (Odds Ratio = 0,72).

» Der Vorteil alternativer Applikationsformen wurde jedoch nicht in allen Subgruppen, etwa bei Kindern, bestätigt.

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