Studie

Machen Süßstoffe dick?

Um Abzunehmen ersetzen manche Menschen gerne Zucker mit Süßstoffen. Forschern zufolge ist das wohl eine schlechte Idee. Doch ihre Studie hat auch Schwächen.

Von Andrea Barthélémy Veröffentlicht:
Ein Zuckerregen: Zucker gegen Süßstoff auszutauschen ändert eine Studie zufolge wohl den Stoffwechsel.

Ein Zuckerregen: Zucker gegen Süßstoff auszutauschen ändert eine Studie zufolge wohl den Stoffwechsel.

© Maksud / stock.adobe.com

SAN DIEGO. US-Forscher haben in Tierversuchen neue Hinweise darauf erhalten, warum kalorienfreie Süßstoffe nicht zwingend schlank machen und sogar schädlich sein können. Bei Ratten und in Zellversuchen fanden sie heraus, dass sich nach dem Genuss bestimmter Süßstoffe der Stoffwechsel ungünstig verändert und ebenfalls die Auskleidung der Blutgefäße. Allerdings untersuchten Brian Hoffmann (Medical College of Wisconsin) und Kollegen nur Aspartam und Acesulfam.

Die Forscher präsentierten ihre Ergebnisse am Sonntag auf einer Fachkonferenz in San Diego. "Obwohl wir diese kalorienfreien Süßstoffe jeden Tag verwenden, haben Fettleibigkeit und Diabetes drastisch zugenommen", beschreibt Hoffmann die Situation in den USA.

Versuche mit Zucker und Süßstoff

In einem Teil der Studie fütterten die Forscher eine Gruppe Ratten mit Zucker, eine andere mit Süßstoffen. Nach drei Wochen sahen sie im Blut der zwei Gruppen bedeutende Unterschiede bei bestimmten Typen von Fetten und Aminosäuren – Hinweise darauf, dass die Tiere Fette unterschiedlich verarbeiteten.

Auch sammelte sich Acesulfam im Blut an. Dies könne die Zellen schädigen, die die Blutgefäße auskleiden, berichten die Forscher allerdings nur mit Verweis auf Laborversuche mit Zellen.

Der Körper habe die Fähigkeit, Zucker im moderaten Ausmaß zu verarbeiten, folgert Hoffmann. Jedoch: "Wenn diese Maschine auf lange Zeit überbelastet wird, bricht sie zusammen." Wer stattdessen auf Kalorien-freie Süßstoffe setze, nehme wiederum Veränderungen im Fett- und Energiestoffwechsel in Kauf.

Der Mediziner Dr. Stefan Kabisch (Deutsches Institut für Ernährungsforschung, Potsdam) betont jedoch, dass die Tierstudie noch viele Fragen offen lasse - und ihre Ergebnisse keineswegs direkt auf Menschen zu übertragen seien.

Auch dass nur zwei Süßstoffe getestet wurden, schränke die Aussagekraft ein. So seien Sucralose, Stevia, Saccharin ebenfalls weit gebräuchlich "und unterscheiden sich von den zwei untersuchten Substanzen in vielerlei Hinsicht".

Höchstdosis beachten

Hinweise, dass Süßstoffe nicht automatisch beim Abnehmen helfen oder sogar schädlich sein können, hätten bereits andere Studien erbracht. Die neue Arbeit erweitere dieses immer noch nicht vollständige Bild jedoch. "Einheitlich ist der bisherige Wissensstand nicht."

Neben Stoffwechselmechanismen könnte auch das Essverhalten bewirken, dass man trotz Zuckerverzicht zunimmt: "Was man an Kalorien mit Süßstoffen spart, legt man –bewusst oder unbewusst – mit anderen Nahrungsmitteln wieder zu." Gegenwärtig könnten Süßstoffe weiterhin verwendet werden, die Empfehlungen zur jeweiligen täglichen Höchstdosis sollten aber beachtet werden.

Bisher warnen auch die Forscher in den USA nicht vor moderaten Süßstoffkonsum. Es gibt aber auch keine offizielle Empfehlung, sie zum Abnehmen oder zum Zuckersparen auf Dauer einzusetzen.

Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) ergänzt: "Statt Zucker durch Süßstoffe zu ersetzen, rät die DGE die Ernährung grundsätzlich auf "weniger süß" umzustellen." Nach Angaben der Europäischen Lebensmittelbehörde (Efsa) werden die Auswirkungen von Aspartam seit mehr als 30 Jahren in Versuchen mit Tieren und Menschen untersucht. Aspartam und seine Abbauprodukte seien demnach in den derzeitigen aufgenommenen Mengen für den menschlichen Verzehr unbedenklich. Auch Acesulfam ist seit Jahren in der EU zugelassen.

Bereits in einer vor drei Jahren veröffentlichten Studie konnten Forscher bei Mäusen eine Glukoseintoleranz induzieren, wenn sie ihnen hohe Mengen Saccharin ins Futter mischten (Nature 514,181–186). Als Ursache erwies sich eine Veränderung der Darmflora. (dpa/eb)

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