Am Handgelenk

Sensor verhindert Stürze bei Senioren

Karlsruher Forscher haben einen Sensor entwickelt, mit dem sich das Sturzrisiko älterer Menschen im häuslichen Umfeld einschätzen lässt. Präventionsmaßnahmen könnten dadurch schnell umgesetzt werden.

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Der Sensor lässt sich unauffällig wie eine Uhr am Handgelenk tragen.

Der Sensor lässt sich unauffällig wie eine Uhr am Handgelenk tragen.

© Tomislav Pozaic/KIT

KARLSRUHE. Mehr als ein Drittel aller über 65-jährigen Menschen in Deutschland ist akut sturzgefährdet. Elektrotechniker des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) wollen hier Abhilfe schaffen: mit neuer Sensortechnik, die Bewegungen und Umfeld in den Blick nimmt und es so möglich macht, das Sturzrisiko zu bewerten und passende Maßnahmen zum Vorbeugen von Stürzen zu empfehlen.

Derzeit entwickeln die Forscher den Prototyp zusammen mit einem Industriepartner weiter, berichtet das KIT.

Sturzgefahr kontinuierlich erheben

„Wir wollen die Bewertung des Sturzrisikos genau dann machen, wenn sie gebraucht wird, also im häuslichen Umfeld der gefährdeten Person“, wird Tomislav Pozaic, der zu dem Thema am Institut für Technik der Informationsverarbeitung (ITIV) des KIT seine Doktorarbeit geschrieben hat, in der Mitteilung zitiert.

Bisher sei eine solche Bewertung ja nur in geriatrischen Kliniken im Zusammenhang mit Rehamaßnahmen oder als Sturztagebuch von Patienten erfolgt. „Häufig sind davor bereits ein oder mehrere Stürze passiert. Deshalb wollen wir die Bewertung der Sturzgefahr kontinuierlich erheben, um so vielleicht schon den ersten Sturz zu verhindern“, so der Elektrotechniker.

In einer großen klinischen Studie in Zusammenarbeit mit der geriatrischen Abteilung des Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhauses hat die Arbeitsgruppe untersucht, wie sich Handgelenksensoren, die sowohl Bewegung als auch die Umgebung erfassen, zur Sturzvermeidung einsetzen lassen.

Die von ihnen entwickelten Sensoren werten die Anzahl und Art der Schritte genauso aus wie das Tempo und den Bewegungsablauf. Außerdem sind sie in der Lage, diese in den Umgebungskontext zu setzen. „Verschiedene Umgebungen wie etwa die Straße im Vergleich zur eigenen Wohnung führen zu unterschiedlichen Risiken“, sagt Pozaic.

Algorithmus berechnet Risiko

Ein Algorithmus rechnet die Messwerte aus dem Sensor in eine Kennzahl um, die für das Sturzgefahrniveau – also „gefährdet“ oder „nicht gefährdet“ – steht. Bei gefährdeten Personen unterscheidet das System weiter zwischen Personen, die einmalig oder mehrmals gestürzt sind.

„Vorteil der Technik ist, dass sie im Alltag zu Hause anwendbar ist und somit bei Bedarf auch dem Arzt direkt die Informationen übermitteln kann, die das konkrete Umfeld des Patienten betreffen. Das spart zum einen Zeit und zum anderen lassen sich Präventionsmaßnahmen so auch leichter an das häusliche Umfeld des Patienten anpassen“, fasst Professor Wilhelm Stork, Leiter des Bereichs Mikrosystemtechnik am ITIV, zusammen.

Informationen aus drei Bereichen der Bewegung – Gang, Aufstehverhalten der Person und Arm-Bein-Koordination – werden ausgewertet, um die richtige Strategie gegen Stürze zu wählen, etwa Gleichgewichtstrainings, Arzneimittelanpassungen und das Minimieren von Gefahren im Haushalt.

Kein stigmatisierendes Design

Neben der reinen Sturzgefahranalyse verfolgte Pozaic ein weiteres Ziel, das stark mit den Folgen von Stürzen für die seelische Gesundheit der Betroffenen zusammenhängt: „Unser Fokus lag auf einem unauffälligen Design, das nicht stigmatisiert. Gerade mehrfach gestürzte Personen fühlen sich durch offensichtliche Präventionsmaßnahmen als hilfsbedürftig ‚abgestempelt‘.

So lässt sich der Sensor unscheinbar wie eine Uhr am Handgelenk tragen, übermittelt aber lebenswichtige Informationen.“

Aktuell befinden sich die Sensoren gemeinsam mit dem Unternehmen Bosch Healthcare Solutions in der Weiterentwicklung und könnten in den nächsten Jahren auf den Markt kommen, heißt es in der KIT-Mitteilung. (eb)

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