Beschädigt künstliche Befruchtung Genhülle?

BERLIN (gvg). Kinder aus künstlichen Befruchtungen haben ein erhöhtes Risiko, sogenannte Imprintingdefekte zu entwickeln. Ein Beispiel ist das Angelman-Syndrom, wie der Humangenetiker Professor Bernhard Horsthemke von der Universität Essen berichtet.

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Unter Imprinting verstehen Genetiker den Aktivierungszustand der Gene, der unter anderem durch angelagerte Methylgruppen bestimmt wird. Imprintingmuster werden geschlechtsspezifisch vererbt und können durch äußere Einflüsse verändert werden.

Eine Erkrankung, die durch ein fehlerhaftes Imprinting bei der Mutter hervorgerufen werden kann, ist das Angelman-Syndrom (AS) mit einer angeborenen geistigen Retardierung, fehlender Sprachentwicklung und epileptischen Anfällen. Beim AS liege bei etwa jedem 25. Patienten ein Imprintingdefekt vor, wie Horsthemke auf dem Reproduktionsmedizin-Kongreß in Berlin erläuterte.

In einer noch unveröffentlichten Untersuchungsreihe konnte er zusammen mit Privatdozent Michael Ludwig vom Endokrinologikum Hamburg jetzt zeigen, daß Imprintingdefekte bei Kindern mit einem AS überzufällig häufiger vorkommen, wenn zur Zeugung künstliche Befruchtungsmaßnahmen angewandt wurden.

"Bei Paaren, die mehr als zwei Jahre lang ungewollt kinderlos waren und bei denen die Frau dann dank Reproduktionsmedizin schwanger wurde, war das Risiko, ein Kind mit AS zu bekommen, zwölffach erhöht", so Horsthemke.

Offenbar gilt das auch schon, wenn keine in-vitro-Fertilisation erfolgt, sondern lediglich Hormone eingenommen werden. Selbst Fruchtbarkeitsprobleme gehen Horsthemkes Studie zufolge bereits mit einem leicht erhöhten Risiko für Imprintingdefekte beim Neugeborenen einher.

Weil das AS sehr selten ist, bleibt das Risiko allerdings insgesamt niedrig. "Unseren Berechnungen nach ist höchstens eines von viertausend Kindern nach einer künstlichen Befruchtung betroffen", sagte Horsthemke in Berlin.

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