Früherkennung ist nicht automatisch gut

BERLIN (HL). Das Mammographie-Screening-Programm, das derzeit flächendeckend in Deutschland aufgebaut wird, wird von Ärzten selbst äußerst kontrovers beurteilt.

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Auf den ersten Blick erscheint der Nutzengewinn durch das regelmäßige Screening zwar hoch: eine Minderung der Brustkrebssterblichkeit um bis zu 30 Prozent oder 3000 gerettete Frauenleben pro Jahr. Diese Art der Rechnung und ihre Kommunikation war in der "Ärzte Zeitung" vom 27. Januar kritisiert worden, denn anders gerechnet mindert sich die Brustkrebssterblichkeit lediglich von einem Prozent auf 0,7 Prozent.

Der Bremer Gesundheitsforscher Professor Norbert Schmacke mahnt deshalb eine hohe Qualität von Information an, die den Frauen eine eigenständige Entscheidung ermöglichen sollte.

Ärzte, die Frauen dabei beraten, müßten sehr sensibel mit den sehr unterschiedlichen Einstellungen zur Vorsorge und Früherkennung umgehen: mit übertriebenen Erwartungen an die Früherkennung, überzogenen Sicherheitserwartungen, aber auch mit Respekt vor dem Recht auf Nichtwissenwollen. Schmacke warnt davor, den Grundsatz "Vorbeugen ist besser als Heilen" als eine Patentlösung zu verstehen: "Das ist alles viel komplizierter."

Das gilt vor allem auch für das Brustkrebs-Screening, wie die Stuttgarter Gynäkologin Friederike Perl der "Ärzte Zeitung" erklärt. Zum Teil erhebliche Belastungen entstehen durch falsch-positive Befunde, durch Überdiagnostik und therapeutische Interventionen, die ohne Erfolg bleiben, die Patientinnen aber belasten und damit deren Lebensqualität vermindern.

Lesen Sie dazu auch: Screening darf keine Sache von Missionaren sein

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