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DNA-Screening ersetzt nicht den Ultraschall

Der DNA-Bluttest zur Pränataldiagnostik in der Frühschwangerschaft ist keine Alternative zur frühen Ultraschallfeindiagnostik und zum Serumscreening, sondern vielmehr eine zusätzliche Untersuchung, betonen Pränatalmediziner.

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Mithilfe von Tests wird das Blutplasma der Schwangeren untersucht, in dem sich nicht nur Teilstücke deren eigenen Erbmaterials befinden, sondern bis zu zehn Prozent zellfreie DNA der Plazenta.

Mithilfe von Tests wird das Blutplasma der Schwangeren untersucht, in dem sich nicht nur Teilstücke deren eigenen Erbmaterials befinden, sondern bis zu zehn Prozent zellfreie DNA der Plazenta.

© Von Schonertagen / stock.adobe.com

BERLIN. Wird mein Kind gesund zur Welt kommen? Hat es Fehlbildungen oder angeborene Erkrankungen? Dies sind zentrale Fragen, die werdende Eltern umtreiben.

Auskunft erhoffen sich viele nicht nur von den Ultraschalluntersuchungen, sondern auch von den in Deutschland seit 2012 angebotenen Screeningtests, bei denen das Blutplasma der Schwangeren auf Trisomien und die Geschlechtschromosomen untersucht wird, erinnert die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM).

Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hat vor Kurzem vorgeschlagen, dass diese Pränataltests künftig für Risikoschwangere zur Kassenleistung werden sollen.

Die nicht-invasiven Pränataltests (NIPT) ermöglichen ein zielgerichtetes Screening auf die Trisomien 21 (Down-Syndrom), 13 (Pätau-Syndrom) und 18 (Edwards-Syndrom) sowie auf die Anzahl der Geschlechtschromosome.

Mithilfe dieser Tests wird das Blutplasma der Schwangeren untersucht, in dem sich nicht nur Teilstücke deren eigenen Erbmaterials befinden, sondern bis zu zehn Prozent zellfreie DNA der Plazenta.

DEGUM-Experten machen nun in einer Mitteilung darauf aufmerksam, dass eine differenzierte sonografische Untersuchung vor dem Test stattfinden muss.

Tücken des Bluttests

„Wir beobachten in der pränataldiagnostischen Beratung, dass ein unauffälliger Befund eines DNA-Screenings auf Trisomie mit einem gesunden Kind gleichgesetzt wird.

Der Verzicht auf eine frühzeitige differenzierte Ultraschalluntersuchung kann auch zur Folge haben, dass Fehlbildungen des Ungeborenen erst spät entdeckt werden“, wird Professor Peter Kozlowski, Vorstandsmitglied der DEGUM, in der Mitteilung zitiert.

Gerade der DNA-Test birgt die Gefahr, dass neben falsch-negativen auch falsch-positive Testergebnisse vorliegen können. Das könne die werdenden Eltern unnötig in große Besorgnis stürzen oder in falscher Sicherheit wiegen, sagt der Düsseldorfer Pränatalmediziner.

Nach einem positiven Screeningbefund im Ultraschall oder durch Bluttests sei deshalb eine Absicherung durch diagnostische Punktion unabdingbar. Wichtig zu wissen sei vor allem, dass der DNA-Bluttest keine Alternative zur frühen Ultraschallfeindiagnostik und zum Serumscreening ist, sondern vielmehr eine zusätzliche Untersuchung.

Schonende, nicht-invasive Methode

Die frühe Ultraschallfeindiagnostik – elementarer Teil des Ersttrimester-Screenings – gehört laut der DEGUM zu den schonenden, nicht-invasiven Methoden der Pränataldiagnostik.

Das Screening kann zwischen Anfang der zwölften und Ende der 14. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden und besteht aus einer möglichst differenzierten Untersuchung des Ungeborenen sowie einem Bluttest bei der Schwangeren. „Mehr als die Hälfte relevanter fetaler Fehlbildungen kann dabei frühzeitig erkannt werden“, erklärt Kozlowski.

Die Untersuchung ist bisher nicht Bestandteil der Routinevorsorge in der Schwangerschaft und muss deshalb selbst finanziert werden. „Es wird dennoch von einer großen Anzahl von Frauen in Anspruch genommen“, so der Düsseldorfer Pränatalmediziner.

Das Ersttrimester-Screening sei in allen mütterlichen Altersgruppen sinnvoll und empfehlenswert, da es nicht auf Erkennung der Trisomien 21, 13 und 18 fokussiert ist. Besonders bei jungen Frauen überwiegen andere genetische Erkrankungen des Feten. Auch Frauen mit problematischeren Schwangerschaftsverläufen rät der Experte zu solchen Untersuchungen.

Check der Nackentransparenz

Mit Hilfe des feindiagnostischen Ultraschalls werden die Organe des Ungeborenen untersucht sowie die Breite der Gewebeflüssigkeit im Nackenbereich gemessen. Eine verdickte Nackentransparenz kann auf verschiedene Chromosomen-Abweichungen oder auch auf einen Herzfehler hindeuten, erinnert die DEGUM in ihrer Mitteilung.

Im Blut der Schwangeren werden bestimmte Hormon- und Eiweißwerte bestimmt: Zum einen wird das Hormon HCG (Humanes Choriongonadotropin) gemessen.

Ein erhöhter HCG-Wert kann auf eine Chromosomen-Störung beim Ungeborenen hinweisen. Hinzu kommt die Messung des Eiweißes PAPP-A (pregnancy-associated plasma protein A) und des Wachstumsfaktors PLGF in der Plazenta.

Ein niedriger PAPP-A-Wert kann ebenfalls ein Hinweis auf eine Chromosomen-Abweichung sein. „Aus den Werten PAPP-A und PLGF sowie durch Messungen der Blutversorgung der Plazenta und des mütterlichen Blutflusses können zudem die Risiken für Präeklampsie und für Wachstumsstörungen des Ungeborenen bestimmt werden“, so Kozlowski.

Die drei Ultraschall-Basisuntersuchungen als Bestandteil der Routinevorsorge und die aufgeführten zusätzlichen Screeningleistungen wie Nackentransparenzmessung, Blutuntersuchung und Blutdurchflussmessung ergeben zusammen ein gutes Gesamtbild der pränatalen Vorsorge.

„Dabei bildet der Ultraschall die Basis“, sagt Kozlowski, „und ist zum Beispiel auch für die Frauen wichtig, die das Risiko genetischer Störungen nicht erfahren wollen.“ (eb)

Lesen Sie dazu auch: Verschwindet die Trisomie 21?: Fachärzte fordern strenge Regeln – und kein Trisomie-Screening

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