Kinderärzte empfehlen bei Phimose oft abzuwarten

BREMEN (ner). Haben Jungen eine Phimose, empfehlen Kinderchirurgen zunehmend eine abwartende Strategie oder konservative Verfahren. Viele Phimosen bilden sich bis zu Beginn des Schulalters zurück. Operationsindikationen sind etwa rezidivierende Vorhautentzündungen bei Kleinkindern, die keine Windeln mehr tragen, oder Miktionsstörungen.

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Die Rückbildung der physiologischen Phimose sei sehr variabel, argumentieren Dr. Eberhard Schmiedeke von der Kinderchirurgischen Klinik in Bremen und seine Kollegen ("Pädiatrie hautnah" 1, 2004, 21). Sie könne bereits intrauterin ablaufen, aber auch viele Jahre der Kindheit in Anspruch nehmen. Eine Ansammlung von Zelldetritus und retiniertem Sekret, die bei Phimose vorkommen, seien keine Indikation für eine Zirkumzision, so Schmiedeke.

Auch rezidivierende Vorhautentzündungen bei Säuglingen sehen er und seine Kollegen nicht als Behandlungsindikation an. Im Gegenteil: Bei Jungen, die zirkumzidiert sind, würden durch den Wegfall der schützenden Vorhaut gehäuft etwa Meatusstenosen diagnostiziert. Und auch weil es zu Blasenentleerungsstörungen bei Windeldermatitis kommen kann, lehnen Schmiedeke und seine Kollegen die Zirkumzision vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern ab. Hinzu komme, daß am Ende der Schulzeit sowieso nur noch ein Prozent der Jungen eine Phimose haben.

Auch die Argumentation, daß Harnwegsinfekte bei nicht beschnittenen Säuglingen zehn- bis 20mal häufiger seien als bei beschnittenen Säuglingen, lassen Schmiedeke und seine Kollegen nicht gelten. Eine kanadische Untersuchung bei 70 000 Säuglingen habe ergeben, daß 195 Kinder eine Zirkumzision bekommen müßten, um einen einzigen Harnwegsinfekt zu vermeiden.

Op-Indikationen sind etwa rezidivierende Vorhautentzündungen bei Kleinkindern, die keine Windeln mehr tragen. Das gleiche gilt nach Ansicht der Bremer Kinderärzte für Miktionsstörungen mit Urinverhalt unter der Vorhaut und Ballonieren oder bei sekundärer narbiger Phimose.

Eine physiologische Phimose ohne klinische Probleme sollte vor Beginn der Pubertät dem zwischen dem achten und zehnten Lebensjahr behoben werden. Vor der Operation empfehlen die Kollegen den Versuch einer drei- bis sechswöchigen Salbenbehandlung mit nicht steroidalen Antiphlogistika, mit Kortikosteroiden oder Östrogenen. Bei 50 bis 90 Prozent der Betroffenen bilde sich die Phimose zurück. Ist die Op angezeigt, gibt es als Alternative zur kompletten Vorhautresektion auch die Optionen einer sparsamen Vorhautplastik oder einer Vorhaut-Erweiterungsplastik.

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