Welches Asthmarisiko haben Kleinkinder mit Obstruktion?

BERLIN (gvg). Kinder, die in den ersten Lebensjahren wiederholt eine obstruktive Bronchitis entwickeln, haben ein erhöhtes Asthma-Risiko. Doch wen genau trifft es? Klinische Parameter helfen nur begrenzt weiter. Gentests könnten künftig die Prognose-Sicherheit erhöhen.

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"Nur eine kleine Minderheit der Kinder, die in den ersten Lebensjahren an obstruktiven Bronchitiden leiden, entwickelt später ein Asthma", sagte Professor Frank Riedel vom Altonaer Kinderkrankenhaus in Hamburg. Darauf weisen auch Daten einer Studie aus der US-amerikanischen Stadt Tucson hin, bei der 1246 Kinder über bis zu sechs Jahre beobachtet wurden. Bei den meisten der beobachteten, obstruktiven Bronchitis-Episoden handelte es sich um vorübergehende Probleme. Lediglich 13 Prozent der Kinder hatten über sechs Jahre immer wieder Beschwerden.

"Aus den Daten aus Tucson wurde der Asthma Predictive Index entwickelt", wie Riedel bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) in Berlin sagte. Danach ist bei Kindern mit häufigen obstruktiven Episoden in den ersten drei Jahren das Asthma-Risiko dann erhöht, wenn bei einem Elternteil entweder ein Asthma oder eine atopische Dermatitis vorliegt oder wenn beim Kind zwei von drei "Minor"-Risikofaktoren vorliegen, nämlich eine Eosinophilie (größer vier Prozent), eine allergische Rhinitis oder obstruktive Episoden ohne Infekt.

Plädoyer für Gentests zur Vorhersage des Asthmarisikos

"Treten die obstruktiven Episoden mindestens einmal im Monat auf, dann liegt der prädiktive Wert dieses Indexes bei knapp 77 Prozent. Treten sie seltener auf, dann sinkt er auf 59 Prozent", wie Dr. Michael Kabesch bei der vom Unternehmen MSD unterstützten Veranstaltung erläuterte. Deswegen, so der Kinderarzt vom Haunerschen Kinderspital in München, plädiere er für die Ergänzung des klinischen Index durch Gentests.

Er selbst hat vier Gene, die an der Signalkaskade der Entzündungsreaktion beim Asthma beteiligt sind, hinsichtlich ihrer Vorhersagekraft für die Asthma-Entwicklung untersucht. Liegt bei Kindern eines dieser Gene vor, dann verdoppelt sich die Asthma-Gefahr. Liegen jedoch gleich drei vor, dann ist das Risiko schon sechzehnmal höher.

Spezielles Computerprogramm in Japan wertet Genfolgen aus

Eine japanische Arbeitsgruppe habe mit derselben Fragestellung 25 Genveränderungen überprüft und ein auf künstlichen, neuronalen Netzwerken basierendes Computerprogramm entwickelt, das die Genkombinationen auswerte, so Kabesch in Berlin. In Verbindung mit der klinischen Untersuchung werde damit bei Kleinkindern eine Vorhersagekraft hinsichtlich der Entwicklung eines Asthma bronchiale von 96 Prozent erreicht. Die Ergebnisse der Japaner sollen im Oktober im Magazin BioMedCentral veröffentlicht werden.

Kabesch ist zuversichtlich, daß die neuen Erkenntnisse bald Eingang in die Pädiatrie finden werden: "In fünf bis zehn Jahren werden wir einen Index entwickelt haben, der in Kombination mit der klinischen Untersuchung die Vorhersage für die Entwicklung eines Asthma im Alter von zwei bis drei Jahren erlauben wird", so der Pädiater.

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