Basisdiagnostik bei ADHS ist Sache von Pädiatern

FRANKFURT AM MAIN (ner). Um die Diagnostik von Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADS/ADHS) zu verbessern, sind nach Meinung des Berliner Kinderpsychiaters Dr. Michael Huss besonders die Pädiater gefordert. Huss empfiehlt die Teilnahme an ADS-Trainingsseminaren.

Veröffentlicht:

Die Diagnostik von ADS/ADHS ist komplex und zeitaufwendig - ein Grund dafür, warum Betroffene oft erst spät behandelt werden. Ein anderer ist, daß charakteristische Auffälligkeiten wie impulsives Verhalten, motorische Unruhe und übermäßiger Bewegungsdrang oft jahrelang verkannt werden. Huss sieht deshalb die Pädiater gerade bei der Basisdiagnostik in der Pflicht. "Der Kinderarzt ist der Arzt des Vertrauens, die Wege zu ihm sind kurz, die Kontaktschwelle niedrig" - im Unterschied zu Psychologen und Psychiatern, so Huss von der Charité Berlin bei einer Veranstaltung des Unternehmens Lilly in Frankfurt am Main.

Allerdings geht ADS/ADHS relativ häufig mit weiteren Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Tics einher. Die genaue Differentialdiagnose sei daher Sache von Kinder- und Jugendpsychiatern oder von Psychologen. Die Leitsymptome von ADS/ADHS können mit speziellen Fragebögen für Eltern, Kind und Lehrer/Erzieher erfaßt werden. Hinzukommen körperliche, neurologische und labormedizinische Untersuchungen.

Um die Diagnose zu sichern, ist ein IQ-Test obligat sowie Tests von Teilfunktionen wie Gedächtnis, Wahrnehmung und Aufmerksamkeit. Hinzu kommen gegebenenfalls fakultative Tests, bevor die Diagnose steht. Der Zeitaufwand beträgt nach Angaben des Hamburger Arbeitskreises zur Diagnostik der ADS/ADHS insgesamt etwa fünf Stunden.

Zu der in der Öffentlichkeit teilweise kontroversen Diskussion um die medikamentöse Behandlung von ADHS-Patienten hieß es bei der Veranstaltung, daß Medikamente die Basis bildeten, auf der begleitende Therapien oft überhaupt erst greifen können. Obligat sind die Eltern-Kind-Beratung, etwa zur Strukturierung des Alltags, verhaltenstherapeutische Maßnahmen sowie gegebenenfalls spezifische psychologische oder psychiatrische Behandlungen.

Zur Unterstützung dieser Therapieansätze ist ab März dieses Jahres ein neues ADHS-Medikament in Deutschland verfügbar. Das neue Medikament Atomoxetin (Strattera®) ist im Unterschied zu Methylphenidat kein Psychostimulans (wir berichteten). Der Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer kann unter anderem auch dann eingesetzt werden, wenn Methylphenidat nicht hilft oder kontraindiziert ist.

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Weniger Rezidive

Hustenstiller lindert Agitation bei Alzheimer

Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“

KBV-Chef Dr. Andreas Gassen forderte am Mittwoch beim Gesundheitskongress des Westens unter anderem, die dringend notwendige Entbudgetierung der niedergelassenen Haus- und Fachärzte müsse von einer „intelligenten“ Gebührenordnung flankiert werden.

© WISO/Schmidt-Dominé

Gesundheitskongress des Westens

KBV-Chef Gassen fordert: Vergütungsreform muss die Patienten einbeziehen