Einmal zugelassen, ist die PID kaum beschränkbar

BERLIN (fst). Dort, wo die Präimplantationsdiagnostik (PID) zugelassen ist, breitet sich diese Technik schnell aus, wenn es keine strengen Kontrollen und gesetzlichen Reglementierungen gibt. Das ist das Ergebnis einer Studie des Büros für Technikfolgenabschätzung des Bundestags über die Anwendung der PID in sieben Ländern.

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Ist die PID einmal zugelassen, stellt sich in den betreffenden Ländern "mit jeder neuen medizinischen Option (...) die Frage der Sinnhaftigkeit und Legitimität einer Einschränkung der Nutzung der PID erneut", heißt es in der Studie. Untersucht wurde die medizinische Praxis in Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Italien, Norwegen und in den USA. Wird die PID zugelassen, so ist nach einer kurzen Etablierungsphase mit "einer recht schnellen Ausweitung der Praxis zu rechnen", wenn ihr Einsatz rechtlich nicht strikt reguliert wird, heißt es.

Dies zeigt sich am Beispiel der Praxis in Belgien, Italien und in den USA. Dort ist vor allem das Aneuploidie-Screening - dabei wird getestet, ob eine numerische Chromosomenstörung vorliegt - ursächlich für die Verbreitung der PID. Denn wenn dieses Screening eingesetzt wird, um die Erfolgsraten der In-vitro-Fertilisation (IvF) zu erhöhen, dann erweitert sich der Anwendungskreis von PID über die Paare mit bekanntem genetischen Risiko - "und wird zumindest potentiell als IvF-Routineangebot attraktiv", schreiben die Autoren der Studie.

In Belgien wird die PID für "ein weites Spektrum medizinischer Indikationen" eingesetzt, in den USA ist darüber hinaus die Nutzung der PID zur Wahl des Geschlechts des Embryos weit verbreitet. In Italien ist erst im Dezember 2003 der Einsatz der PID verboten worden. In Frankreich hingegen sorgt seit 1999 ein enger Rechtsrahmen und eine strikte Aufsicht dafür, daß der Einsatz der PID bislang "den vom Gesetzgeber gewollten Rahmen nicht überschreitet".

Insgesamt ist aus Sicht des Büros für Technikfolgenabschätzung "die praktische Anwendung der PID international weiter fortgeschritten, als in der Diskussion oft angenommen wird". Auf Basis der - unvollständigen - Daten gehen die Wissenschaftler von "mindestens 1600 Kindern" aus, die in den sechs untersuchten Ländern, in denen diese Technik zugelassen ist, als Folge einer PID zur Welt gekommen sind.

Für Deutschland hat Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) wiederholt deutlich gemacht, daß am Verbot der PID nicht gerüttelt werden soll. Nach Ansicht des SPD-Abgeordneten Dr. Wolfgang Wodarg könnte im geplanten Gentest-Gesetz das Verbot der PID aufgenommen werden, um Deregulierungswünschen eine Absage zu erteilen.

Von den Bundestag-Fraktionen hat sich bisher nur die FDP für die Legalisierung der PID ausgesprochen. Die CSU hat hingegen betont, an einem Verbot festhalten zu wollen. In Deutschland würde die PID jährlich 80 bis 100mal angewendet werden, wenn das Verfahren nur bei solchen Paaren gestattet wäre, die bereits ein Kind mit einer früh-letalen genetischen Erkrankung zur Welt gebracht haben. Könnten auch Paare das Verfahren in Anspruch nehmen, die vor der Schwangerschaft von ihrem genetischen Risiko wissen, dann kämen bereits etwa 600 Paare für die PID in Frage, schreibt der Nationale Ethikrat.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Rutschbahn-Effekt ist kein Mythos

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