Mundgesundheit

Pflege hört bei den Zähnen nicht auf

Bei der Mundgesundheit sind die Deutschen Weltspitze. Heute strahlen doppelt so viele Menschen mit einem kariesfreien Gebiss wie 1997. Ältere Pflegebedürftige benötigen bei der Zahnpflege jedoch mehr Hilfe.

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BERLIN. Ältere pflegebedürftige Menschen brauchen bei der Zahnpflege künftig mehr Unterstützung. Dies geht aus der fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie (DSM V) hervor. Bundeszahnärztekammer (BZÄK), Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und das Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) haben die Studie am Dienstag in Berlin vorgestellt.

Etwa 4600 Patienten waren dazu an 90 Standorten zahnmedizinisch untersucht und sozialwissenschaftlich befragt worden. Erstmals waren darunter auch ältere, pflegebedürftige Senioren.

Viele Pflegebedürftige zahnlos

Wer pflegebedürftig wird, hat demnach ein hohes Risiko, an Folgen einer schlechten Mundhygiene zu leiden. Etwa jeder zweite Pflegebedürftige ist laut Bericht komplett zahnlos und müsste verstärkt vom Zahnarzt behandelt werden. Die große Mehrheit der Pflegebedürftigen (75 Prozent) braucht jedoch schon bei der täglichen Zahnpflege Hilfe.

Auch können 60 Prozent der Pflegebedürftigen einen Zahnarzttermin nicht mehr selbstständig organisieren und die Praxis aufsuchen. KZBV-Chef Dr. Wolfgang Eßer betonte, dass Zahnärzte künftig mobiler sein müssten und häufiger ihre Patienten in deren Zuhause behandeln sollten.

Nötig seien auch weitere Kooperationsverträge von Zahnärzten mit Pflegeheimen. Bislang gibt es laut Eßer bundesweit etwa 3000 entsprechende Vereinbarungen zur Zusammenarbeit.

Vermehrt Dienst im Pflegeheim

Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, sprach sich unterdessen dafür aus, niedergelassene Zahnärzte zu einem jährlichen Einsatz im Pflegeheim zu verpflichten. "Bei der Hälfte der Bewohner liegt der letzte Zahnarztbesuch mehrere Jahre zurück", sagte Brysch.

Auch forderte er mehr Informationen ein, ob und wie die Kooperationen zwischen Zahnärzten und den 13.000 Pflegeheimen funktionierten.

Insgesamt sind laut DSM V die Karieserkrankungen in vielen Altersgruppen rückläufig. So haben Erwachsene heute im Durchschnitt 11,2 Zähne, die von Karies betroffen sind. Im Vergleich zu 1997 ist die Zahl der erkrankten Zähne somit um fünf gesunken.

Die guten Ergebnisse sind insbesondere auf ein gesteigertes Bewusstsein für die Mundgesundheit zurückzuführen, sagte BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel. Drei Viertel der Befragten hatten angegeben, regelmäßig ihren Zahnarzt zu einer Kontrolluntersuchung aufzusuchen.

Prophylaxe und Vorsorgeuntersuchungen zahlen sich auch bei den Kindern aus. Acht von zehn Zwölfjährigen haben mittlerweile kariesfreie Gebisse. "Kinder, die nicht regelmäßig beim Zahnarzt sind, haben drei Mal so viele Zähne mit einem Kariesbefall als jene, die die Prophylaxe nutzen", sagte Dr. Rainer Jordan, wissenschaftlicher Direktor am IDZ.Der Bericht zeigt, wie sehr der soziale Status die Mundgesundheit beeinflusst – und zwar quer durch alle Altersgruppen.

Kinder mit niedrigerem Bildungshintergrund haben öfters Karies

So sind 88 Prozent der Kinder mit einem hohen Sozialstatus völlig kariesfrei im Gegensatz zu nur 75 Prozent der Kinder mit niedrigem Sozialstatus. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den 65- bis 74-Jährigen: Nur vier Senioren dieser Altersgruppe mit einem hohen Sozialstatus sind komplett zahnlos.

Unter jenen mit einem niedrigen Sozialstatus sind es hingegen 16 Prozent. Kathrin Vogler, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, fordert angesichts der Studienergebnisse, einen notwendigen Zahnersatz wieder als reguläre Kassenleistung aufzunehmen.

Und weiter: Es sei eine Schande, wenn man Armut in Deutschland wieder an den Zähnen ablesen könne. Die Eigenanteile seien inzwischen so hoch, dass sich viele Menschen mit geringen Einkommen weder eine Behandlung noch eine Zusatzversicherung leisten könnten ( wer)

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