Gewichtsabnahme ohne Jojo-Effekt ist keine Utopie

Schnell abnehmen, ein paar Wochen später erneut zunehmen - für dieses Phänomen könnte Sisyphus Pate gestanden haben. Ein solcher Jojo-Effekt muß nicht sein, wenn grundlegende Dinge beachtet werden: Dem Abnehmwilligen muß klar gemacht werden, daß nur ein langfristiges Konzept dauerhaften Erfolg hat. Dazu zählen eine hypokalorische, dennoch ausgewogene Ernährung, mehr Bewegung und ein verändertes Verhalten.

Veröffentlicht:

Isabelle Eisele und Hans Hauner

Adipositas und assoziierte Folgeerkrankungen wie Typ-2-Diabetes stellen zunehmend ein Gesundheitsproblem dar. Ursache ist außer genetischer Veranlagung Bewegungsmangel und die tägliche Zufuhr inadäquat hoher Energiemengen.

Als praktizierender Arzt wird man zunehmend vor die Aufgabe der Behandlung adipöser Patienten gestellt. Frustrierend für beide ist oft, daß nach anfänglich erfolgreichem Gewichtsverlust nach kurzer Zeit das Gewicht wieder steigt und das Ausgangsgewicht möglicherweise sogar überschritten wird - letzteres ist bekannt als Jojo-Effekt.

Die Indikation zur Gewichtsreduzierung ist bei adipösen Patienten (BMI 30 kg / m2) immer, bei Übergewichtigen (BMI 25 - 29,9 kg / m2) dann gegeben, wenn gewichtsassoziierte Begleiterkrankungen wie Typ-2- Diabetes oder Hypertonie vorliegen.

Ein betont abdominales Fettverteilungsmuster, das durch Messung des Taillenumfangs ermittelt wird, rechtfertigt ebenfalls die Einleitung einer Gewichtsreduktion. Sofern keine Begleiterscheinungen vorliegen, sollte eine weitere Gewichtszunahme verhindert werden. Kontraindikationen für eine Gewichtsreduktion sind

  • Schwangerschaft,
  • Stillzeit,
  • Eßstörungen wie Bulimie oder Binge-Eating (regelmäßige Eßattacken gekoppelt mit unverhältnismäßig hoher Nahrungsaufnahme, mindestens zweimal wöchentlich über einen Zeitraum von sechs Monaten und damit verbundener psychischer Belastung des Patienten), und
  • schwere Allgemein- oder psychiatrische Erkrankungen.

Die Therapieziele müssen individuell festgelegt und, besonders wichtig, realistisch sein. Außer der Gewichtssenkung geht es darum, Begleit- und Folgeerkrankungen zu bessern oder zu beseitigen, die Lebensqualität zu verbessern und eine gesunde Lebensweise zu erlernen.

Realistisch ist eine Senkung des Körpergewichtes um fünf bis zehn Prozent innerhalb von sechs bis zwölf Monaten. Prinzipiell ist ein langsamer Gewichtsverlust über einen Zeitraum von mehreren Monaten mit gleichzeitig schrittweiser Verbesserung des Eß- und Bewegungsverhaltens ratsam. Dieser Punkt ist sehr kritisch, da es den Patienten in der Regel mit der Gewichtsreduktion nicht schnell genug geht. Die meisten Patienten sind zwar zu einer kurzen Diät bereit, sind sich aber nicht bewußt, daß nur eine langfristige Veränderung des Lebensstils von dauerhaftem Erfolg ist.

Risiko für Komplikationen hängt stark vom Fettverteilungsmuster ab

Bei Adipositas werden zur Klassifizierung des Körpergewichtes und Abschätzung des Gesundheitsrisikos benötigt:

  • Body-Mass-Index (BMI),
  • Taillenumfang,
  • Blutdruck,
  • Nüchternblutzucker und
  • Lipidstatus.

Übergewicht beginnt ab einem BMI von 25 kg / m2, Adipositas ab einem BMI von 30 kg / m2. Das Risiko für metabolische und kardiovaskuläre Komplikationen wird aber vor allem vom Fettverteilungsmuster beeinflußt: Um das viszerale Fett zu bestimmen, wird der Taillenumfang mit einem Maßband in der Mitte zwischen Unterrand des Rippenbogens und Oberrand des Beckenkamms am stehenden Patienten gemessen. Die Grenzwerte für ein erhöhtes Risiko oder deutlich erhöhtes Risiko liegen bei Frauen bei 80 beziehungsweise 88 cm, bei Männern bei 94 beziehungsweise 102 cm.

Da Eigenangaben der Patienten häufig unzuverlässig sind, müssen BMI, Taillenumfang und Blutdruck unter standardisierten Bedingungen erfaßt werden. Die Blutdruckmessung adipöser Menschen erfordert je nach Oberarmumfang eine breitere Manschette (Manschettenbreite 15 oder 18 cm). Sekundäre Adipositasformen oder die Einnahme gewichtssteigernder Medikamente, z.B. Betablocker, Sulfonylharnstoffe, Insulin, atypische Neuroleptika, sollten ausgeschlossen werden. Bei jungen Kindern mit Adipositas müssen auch monogenetische Formen in Betracht gezogen werden. (Eisele, Hauner)

Informieren Sie daher den Patienten und versuchen Sie ihn für eine solche Strategie zu motivieren! Leider werden Adipositas-Therapie-Programme nicht oder nur in Ausnahmefällen und in begrenztem Rahmen von den Krankenkassen finanziert. Kommerzielle Programme zur Gewichtsreduktion, die den praktizierenden Arzt unterstützen sollen, sind zum Beispiel das "Ich nehme ab"- Programm der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für Patienten mit einem BMI zwischen 25 und 35 kg / m2.

Weitere Möglichkeiten sind das Weight-Watchers-Programm für eine ähnliche Zielgruppe sowie das Optifast®-52-Programm, das vor allem für Patienten mit einem BMI > 35 kg / m2 und Begleiterkrankungen, geeignet ist. Viele hilfreiche Tips und Informationen gibt es auch in guten Patientenratgebern, zum Beispiel im Therapiekompass Übergewicht (Thieme Verlag 2006, Stuttgart).

Ganzheitlicher Ansatz ist langfristig wohl am erfolgreichsten

Wichtig für den Therapieerfolg ist die Eigenverantwortung der Patienten sowie ein günstiges, unterstützendes Umfeld. Grundlage der Gewichtsreduktion ist stets die Kombination von hypokalorischer, dennoch ausgewogener Ernährung, Bewegungssteigerung und Verhaltensänderung, zum Beispiel die Einhaltung einfacher Regeln wie das Vermeiden von Snacks zwischendurch oder besonderer Verhaltensregeln bei Urlaubsreisen oder Einladungen. Diese drei Faktoren ergänzen sich zu einem ganzheitlichen Ansatz und stellen somit als Basistherapie langfristig wohl die erfolgreichste Strategie dar.

Mit den Patienten sollte Vereinbarung getroffen werden

Eine entscheidende Voraussetzung für eine langfristige Ernährungsumstellung ist es, ein Konzept zu finden, das auf die Bedürfnisse und Wünsche des jeweiligen Patienten zugeschnitten und damit für ihn akzeptabel und in die Praxis umsetzbar ist. Individuelle Eßvorlieben und Gewohnheiten lassen sich anhand einfacher Ernährungsprotokolle und strukturierter Ernährungsfragebögen herausfinden.

Diagnostische Maßnahmen bei Personen mit Übergewicht/Adipositas
Basisdiagnostik erweiterte Diagnostik
  • Nüchternblutzucker
  • Gesamtcholesterin
  • HDL-Cholesterin
  • LDL-Cholesterin
  • Triglyzeride
  • Harnsäure
  • TSH basal
  • Kreatinin, Elektrolyte
  • Transaminasen
  • EKG, Oberbauchsonographie
  • Nüchterninsulin, HbA1c
  • oraler Glukosetoleranztest
  • i.v. Glukagontest
  • Cortisol im Serum oder Urin
  • Testosteron, SHBG
  • Gesamteiweiß, Blutbild
  • CRP
  • Belastungs-EKG
  • Carotis-Doppleruntersuchung
  • 24-Std.-Blutdruckmessung
Quelle: Eisele, Hauner, Tabelle: Forschung und Praxis / Ärzte Zeitung
Wichtige diagnostische Maßnahmen sind zum Beispiel Bestimmung der Blutzucker- und Blutfett-Werte.

Es hat sich bewährt, mit den Patienten eine Vereinbarung darüber zu treffen, welche Veränderungen er in Zukunft, innerhalb der nächsten Monate oder prinzipiell vornimmt. Diese Empfehlungen müssen individuell festgelegt werden, übersichtlich und in die Praxis umsetzbar sein. Drei bis fünf Punkte sollten dabei möglichst nicht überschritten werden.

Konsultationen, um Fortschritte und Umsetzung der Vereinbarungen zu überprüfen, sollten mindestens alle vier Wochen erfolgen. Um diese Verhaltensänderungen zu unterstützen, sind Selbsthilfegruppen von großem Nutzen, da hier nicht zu unterschätzende gruppendynamische Prozesse einsetzen. Im Weight-Watchers-Programm wird dieser Aspekt besonders beachtet.

Gewicht zu halten ist Hauptproblem jeder Gewichtsreduktion

Das Hauptproblem jeder Gewichtsreduktion ist es, das Gewicht auch zu halten. Meist erscheint eine Wiederzunahme, bedingt durch den JoJo-Effekt, unaufhaltsam. Bei diesem Effekt handelt es sich um ein physiologisches Adaptationsphänomen, mit dem sich der Körper gegen den Angriff auf die Gewichtsstabilität zur Wehr setzt.

Das Körpergewicht ist durch verschiedene biologische Systeme eng reguliert, die bei Energiemangel oder -überschuß aktiviert werden. Dies ist ein Erbe unserer Vorgeschichte, in der die Menschheit vor allem durch immer wiederkehrende Hungersnöte häufig existentiell bedroht war. Diese Mechanismen sind genetisch festgelegt und vor allem auf einen Energiemangel ausgelegt.

Somit schaltet der Körper während und nach einer Gewichtsreduzierung auf Sparflamme. Der Energieumsatz sinkt in Abhängigkeit von der Einschränkung der Kalorienaufnahme um bis zu 30 Prozent. Einige der ursächlichen Mechanismen sind inzwischen gut charakterisiert:

  • die Sympathikusaktivität wird erniedrigt,
  • die Serumkonzentration des aktiven Schilddrüsenhormons Trijodthyronin wird gesenkt und
  • die Skelettmuskeleffektivität erhöht.

Diese Phänomene sind wahrscheinlich auf den Abfall des Sättigungshormons Leptin zurückzuführen, wodurch außerdem ein stärkeres Hungergefühl entsteht. Mit Einschränkung der Nahrungsaufnahme geht aber auch die nahrungsinduzierte Thermogenese zurück, was den Energieverbrauch um zusätzlich etwa fünf bis acht Prozent reduziert.

Hinzu kommt, daß bei einer Gewichtsabnahme um etwa 10 kg auch rund 3 kg Muskelmasse verlorengeht, was den Grundumsatz senkt. Bei 10 kg Gewichtsabnahme geht der Gesamtenergieverbrauch um rund 500 bis 600 kcal / Tag zurück. Das neue Gewicht kann somit nur gehalten werden, wenn die Energiezufuhr dauerhaft um diese Größenordnung gesenkt wird. Kehrt der Diätwillige nach gewisser Zeit wieder zu seinen alten Ernährungsgewohnheiten zurück, ist eine erneute Gewichtszunahme unvermeidlich.

Um das Körpergewicht langfristig stabilisieren zu können, muß die Energieaufnahme auch langfristig begrenzt werden. Dies erfordert nicht nur sehr viel Disziplin, sondern auch eine dauerhafte Änderung des gesamten Lebensstils. Besonders deutlich wird dies anhand eines amerikanischen Registers von erfolgreichen Langzeitabnehmern (Internet-Adresse: http://www.nwcr.ws).

Diese zeichnen sich dadurch aus, daß sie sich relativ energie- und fettarm ernähren (Männer: etwa 1700 kcal / Tag Gesamtenergieaufnahme, davon etwa 25 Energie-Prozent Fett; Frauen: etwa 1400 kcal /Tag und identischer Fettanteil). Diese Zahlen liegen deutlich unter der Energiezufuhr von gleich schweren, aber sonst gewichtsstabilen Personen.

Um das neue Energiegleichgewicht auf niedrigerem Niveau besser einzuhalten, kann der regelmäßige Ersatz einzelner Mahlzeiten durch Formulaprodukte wie Modifast® sinnvoll sein, wie einige Langzeitstudien nahelegen (Int J Obes relat Metab Disord 27, 2003, 537).

Wegweiser zum langfristigen Abnehmen

Die aktuellen Ernährungsempfehlungen zur Gewichtsreduktion sind Bestandteil einer kürzlich überarbeiteten Leitlinie, die von mehreren Fachgesellschaften unter Führung der Deutschen Adipositas-Gesellschaft gemeinsam herausgegeben wurde.

Als Goldstandard wird eine mäßig hypokalorische Mischkost mit einem Energiedefizit von 500 bis 800 kcal /Tag empfohlen. Diese Mischkost sollte ballaststoffreich sein, komplexe Kohlenhydrate bevorzugen und vor allem die Fettmenge einschränken. Grundsätzlich sollten Lebensmittel mit niedriger Energiedichte wie Gemüse, Hülsenfrüchte und Vollkorn-Getreideprodukte gewählt werden, damit eine gute Sättigung möglich ist. Ferner sollten möglichst kalorienfreie Getränke bevorzugt werden. Anzuraten ist auch ein fester Mahlzeitenrhythmus. Spontanes und unkontrollierbares "Snacking" sollte vermieden werden. Zudem ist bekannt, daß größere Eßportionen mit einer höheren Nahrungsaufnahme korrelieren. Um diese sogenannte "passive Überkonsumption" zu vermeiden, ist anzuraten, kleinere Portionsgrößen anzurichten. Entscheidend ist immer, daß die hypokalorische Mischkost praktikabel und auch langfristig umsetzbar ist.

In letzter Zeit zeichnet sich ab, daß die proteinbetonte Reduktionskost eine gleichwertige Alternative darstellt. Diese Diät zeichnet sich im wesentlichen dadurch aus, daß mindestens 20 bis 30 Prozent der Gesamtenergiezufuhr über Proteine erfolgt. Im Gegenzug wird die Aufnahme von Kohlenhydraten auf etwa 30 bis 40 Energieprozent reduziert. (Eisele, Hauner)

Sinnvoll und wirksam ist zudem die langfristige Steigerung der körperlichen Aktivität. Damit wird die stoffwechselaktive Muskelmasse erhalten oder zusätzliche aufgebaut und damit der Energieverbrauch erhöht. Empfohlen wird regelmäßige Bewegung mittlerer Intensität (60 bis 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz) für etwa 30 bis 60 Minuten an fünf bis sieben Tagen der Woche.

Damit sollten zusätzlich 2000 kcal / Woche verbraucht werden. Nur bei dieser hohen Aktivität ist eine zusätzliche Gewichtsreduzierung zu erwarten. Bei geringerer körperlicher Aktivität ist aber bereits eine Besserung metabolischer oder kardiovaskulärer Parameter nachweisbar.

Geeignete Bewegungsarten sind schnelles Gehen, Schwimmen und Radfahren. Krafttraining als anaerobe Maßnahme wirkt unterstützend. Wichtig ist die Wahl einer Sportart, die Freude bereitet - dies ist die einzige realistische Chance, Sport langfristig in das Wochenprogramm des Patienten zu integrieren. Mit dem Training sollte besonders bei Untrainierten vorsichtig begonnen und die Intensität langsam gesteigert werden.

Eine vorherige sportmedizinische Untersuchung kann gegebenenfalls angebracht sein. Dies muß individuell entschieden werden. Besondere Vorsicht ist zum Beispiel bei älteren Patienten und Patienten mit Gelenkproblemen und Herzkreislauf-Erkrankungen geboten. Empfehlenswert ist auch die Erhöhung der Alltagsaktivität. Soweit möglich sollten Treppen benutzt und zumindest kurze Wege regelmäßig zu Fuß oder per Rad erledigt werden.

Pharmakotherapie erst nach wenig erfolgreicher Basistherapie

Eine zusätzliche Pharmakotherapie sollte nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn nach einer drei- bis sechsmonatigen Basistherapie, bestehend aus hypokalorischer Ernährung, Bewegungssteigerung und Verhaltensänderung, der Gewichtsverlust deutlich unter fünf Prozent des Ausgangsgewichts liegt. Als weitere Grundvoraussetzung gilt das Vorliegen eines BMI von  30 kg / m2 oder eines BMI von  27 kg / m2 mit wenigstens einem übergewichtsbedingten Risikofaktor wie Typ-2-Diabetes oder Hypertonie.

Derzeit sind zwei Wirkstoffe zur Adipositastherapie zugelassen: Orlistat (Xenical®) und Sibutramin (Reductil®). Es handelt sich um rezeptpflichtige, jedoch nicht von der Krankenkasse erstattungsfähige Medikamente. Die Kosten sind für die Patienten relativ hoch, zudem fehlen Langzeiterfahrungen.

Bei Orlistat handelt es sich um einen Hemmer der Magen- und Pankreaslipase. Eingenommen mit einer fetthaltigen Mahlzeit verhindert er partiell die Hydrolyse von Triglyzeriden. In der Praxis wird Orlistat als 120-mg-Kapsel zu jeder Hauptmahlzeit eingenommen. Dies wird von einer erhöhten Ausscheidung von Triglyzeriden über den Stuhl begleitet. Etwa 30 Prozent der Nahrungsfette werden so unverdaut ausgeschieden. Dies entspricht je nach Fettaufnahme zwischen 200 und 500 kcal / Tag.

Über einen einjährigen Behandlungszeitraum liegt der zusätzliche Gewichtsverlust zwischen 2 und 4 kg. Mögliche unerwünschte Wirkungen sind Steatorrhoe (30 bis 40 Prozent), Meteorismus (20 bis 30 Prozent), Durchfall (10 bis 20 Prozent) und Inkontinenz des Schließmuskels (7 bis 10 Prozent). Desweiteren kann es zu einer verminderten Absorption fettlöslicher Vitamine kommen. Die klinische Relevanz ist allerdings noch unklar.

Sibutramin und Orlistat stabilisieren zudem das Gewicht

Bei Sibutramin handelt es sich um einen Appetitzügler. Die Aufnahme von Serotonin und Noradrenalin in die Synapsen des zentralen Nervensystems wird gehemmt. Die Folge ist ein schnelleres und länger anhaltendes Sättigungssignal. In der Praxis wird Sibutramin einmal täglich in einer Dosis zwischen 10 und 15 mg eingenommen. Innerhalb von sechs bis zwölf Monaten ist mit einem zusätzlichen Gewichtsverlust zwischen 3 und 6 kg zu rechnen. Initial der Therapie kann es zu einer Erhöhung der Herzfrequenz (3 - 4 Schläge / Minute) und des Blutdrucks (2 - 4 mmHg) kommen.

Diese Parameter müssen anfangs regelmäßig kontrolliert werden. Bei einer Blutdrucksteigerung von über 10 mmHg sollte die Therapie abgebrochen werden. Kontraindikationen für Sibutramin sind Hypertonie (> 145 / 90 mmHg), Herzrhythmusstörungen und psychiatrische Erkrankungen.

Die häufigsten unerwünschten Wirkungen sind Mundtrockenheit (10 bis 30 Prozent), Verstopfung (10 bis 20 Prozent) und Schlafstörungen (< 10 Prozent). Das Risiko von unerwünschten Wirkungen kann durch eine Intervalltherapie gesenkt werden. Intervalltherapie heißt, daß das Medikament für drei Monate eingenommen und danach für sechs bis zwölf Wochen abgesetzt wird. Steigt das Gewicht dabei wieder an, erfolgt die erneute Einnahme, usw.

Für beide Wirkstoffe ist inzwischen gut belegt, daß sie auch das Gewicht stabilisieren. Die Therapie mit Orlistat oder Sibutramin sollte auf ein Jahr begrenzt werden, da noch keine Langzeiterfahrungen vorliegen. Die gemeinsame Verabreichung beider Wirkstoffe hat sich als nicht effektiv erwiesen.

Der Einsatz von Orlistat ist dann besonders sinnvoll, wenn der Patient bevorzugt fettreiche Nahrung zu sich nimmt. Bei Sibutramin gibt es deutlich mehr Kontraindikationen, die Einnahme ist einfacher. Es ist bei Personen wirksamer, die häufig ein starkes Verlangen nach üppiger Nahrung inklusive Fastfood haben und sich dann nur sehr schwer selbst kontrollieren können. Es gibt aber keine klare Differentialtherapie.

Als weiteres Präparat ist Rimonabant zu nennen. Die Zulassung erfolgt voraussichtlich in diesem Jahr. Rimonabant blockiert den Rezeptor CB1 im Endocannabinoid-(EC)-System, das zentral und peripher die Energiebilanz reguliert. Der Rezeptor ist an der Regulation von Hunger und Sättigung im Zentralnervensystem beteiligt.

Das Medikament wird einmal täglich in einer Dosis von 20 mg eingenommen und bewirkt innerhalb von sechs bis zwölf Monaten eine zusätzliche Gewichtsreduktion von durchschnittlich 4 bis 6 kg. Mögliche unerwünschte Wirkungen sind Schwindelgefühle, Übelkeit und Durchfall sowie Gelenkschmerzen.

Dipl. Ern. Wiss. Isabelle Eisele, Prof. Dr. Hans Hauner, Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin, Am Forum 5, 85350 Freising, Tel.: 08161 / 712-398, Fax: 712-399, E-Mail: isabelle.eisele@wzw.tum.de

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