Magenband lässt auch Kinder abspecken

BERLIN (gvg). Magenband oder Roux-Bypass bei Kindern? Was martialisch klingt, kann für einige extrem adipöse Kinder durchaus ein Segen sein. Offizielle Empfehlungen der Fachgesellschaften dazu gibt es nicht, wohl aber sind in einigen Studien gute Erfahrungen damit gemacht worden. So lässt sich der BMI durch eine Op von 50 auf 30 reduzieren.

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Versagen bei extrem dicken Kindern und Jugendlichen konventionelle Abspeckmaßnahmen, ist auch die Adipositaschirurgie eine Option.

Versagen bei extrem dicken Kindern und Jugendlichen konventionelle Abspeckmaßnahmen, ist auch die Adipositaschirurgie eine Option.

© Foto: dpa

"Es ist völlig klar, dass eine effektive Prävention bei Adipositas immer besser ist als die Chirurgie", sagte der Direktor der Klinik für Kinderchirurgie an der Universität Leipzig, Professor Holger Till. Klar sei aber auch, dass die derzeit anlaufenden Maßnahmen zur Primärprävention in Schulen und Kindergärten für viele zu spät kommen.

Nicht-invasive Adipositasprogramme seien derzeit einfach zu wenig effektiv, so Till beim Berliner Hauptstadtkongress. Das gelte vor allem für jene Jugendliche, die am meisten Therapiebedarf hätten: "Adoleszente mit einem BMI von über 40 verlieren in konventionellen Therapieprogrammen im Mittel nur drei Prozent innerhalb eines Jahres."

Daten zur Adipositaschirurgie gibt es aus 24 Studien

In dieser Situation hält Till die Adipositas-Chirurgie auch bei Kindern für durchaus vertretbar. "Die Fachgesellschaften halten sich da bedeckt", so Till. In der Literatur fänden sich aber ermutigende Daten aus insgesamt 24 Studien, darunter fünf prospektive Untersuchungen. Vor allem für das restriktive Magenband und für den malabsorptiven Roux-Y-Bypass gebe es Erfahrungen bei jeweils mehreren hundert Kindern.

Das Magenband wird auch bei Kindern in aller Regel laparoskopisch angelegt. Und auch beim Roux-Y-Bypass geht der Trend zum minimalinvasiven Eingriff. "Im Mittel konnte der BMI bei den Kindern durch das Magenband von über 40 auf etwa 30 und durch den Roux-Bypass von 50 auf 30 reduziert werden", fasste Till die Ergebnisse zusammen. Ebenfalls deutliche Belege gebe es für einen Rückgang der Insulinsensitivität und für eine Verringerung der Prävalenz von Typ-II-Diabetes.

Neue Op-Techniken sollen Komplikationsrate reduzieren

Erkauft wird der Erfolg mit den bekannten Komplikationen der beiden Eingriffe: Das Magenband kann dislozieren, der Vormagen sich erweitern. Und beim Bypass drohen bei Kindern wie Erwachsenen Anastomoseninsuffizienz sowie Eisen-, Folsäure und Eiweißmangel, sagte der Kinderchirurg.

Till setzt deswegen einige Hoffnung auf eine neue Operationstechnik, den so genannten Schlauchmagen. Er vermeidet die genannten Probleme, weil weder Fremdmaterial nötig ist noch ein Magenbypass die normale Verdauungsphysiologie verändert. "Beim Schlauchmagen werden Fundus und Corpus längs reseziert, sodass ein Schlauch mit einem Fassungsvermögen von 50 bis 80 Millilitern entsteht", so Till. Diese Methode befindet sich derzeit allerdings noch bei Erwachsenen in der Evaluation.

Weitere Infos zu Adipositas: www.aerztezeitung.de

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