"Ich werde den Marathon schaffen, mit einem Lächeln auf den Lippen"

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:

Als Asthmatiker einen Marathon zu laufen - diesem Traum kommt eine 14köpfige Gruppe aus Hamburg immer näher. Unterstützung bekommen sie von der mehrfachen Goldmedaillengewinnerin Birgit Fischer (wir berichteten).

Laufen - das war die Sportart für die anderen. Nicht für Anna Grant, die mit ihrem Asthma von Höchstleistungen wie einem Marathon nicht einmal zu träumen wagte. Laufen war auch nicht der Sport von Birgit Fischer. Zwar ist sie mit vielen olympischen Goldmedaillen dekoriert, doch im Kajakfahren ist die Beanspruchung ihrer Beinmuskultaur eher gering.

Und doch werden Birgit Fischer und Anna Grant im November ihren ersten Marathon absolvieren. Beim legendären New York Marathon, dem Ziel jedes Hobby-Marathonläufers, werden sie zusammen mit etwa 50 000 anderen Läufern an den Start gehen. Sie starten mit einer 14köpfigen Gruppe aus Hamburg - alle haben Asthma.

"Und alle werden den Marathon schaffen, mit einer Zeit zwischen vier und fünfeinhalb Stunden sind sie im Ziel", prophezeit Sportmediziner Dr. Til Steinmeier. Zusammen mit seinem Kollegen Dr. Hartmut Timmermann und Trainer Heiko Lehmann macht Steinmeier die Gruppe im Auftrag des Pharma-Unternehmens Astra Zeneca fit für den Marathon. Ihr Ziel: "Wir wollen beweisen, daß Asthmatiker gesundheitlich profitieren, wenn sie Sport treiben", sagt Timmermann.

Zu viele Vorbehalte gegen Sport für Asthmatiker

Eigentlich ist Birgit Fischer Beweis genug - die Frau mit dem Abonnement auf Gold im Kajak hat selbst Asthma. Doch der Lungenfacharzt und Allergologe Timmermann kämpft im Alltag noch immer gegen Vorurteile beim Thema Asthmatiker und Sport an.

Lehrer, die aus falscher Rücksicht Schüler mit Asthma vom Sportunterricht befreien. Eltern, die ihren Kindern aus Sorge vom Training abraten. Und selbst unter Kollegen, so die Erfahrung Timmermanns und Steinmeiers, bestehen oft noch Vorbehalte gegen Sport für Asthmatiker.

Das Projekt von Astra Zeneca halten sie für ideal, um mit diesen Vorurteilen aufzuräumen. Der bisherige Trainingsverlauf gibt ihnen recht. Als die aus Timmermanns Patienten rekrutierte Gruppe im Februar mit dem Training begann, waren alle blutige Laufanfänger - inklusive Timmermann selbst.

Steinmeier dagegen ist passionierter Ultraläufer, der selbst den berüchtigten "Marathon des Sables" mit einer Gesamtlänge von 243 Kilometern durch die Sahara schon absolviert hat. Statt des Wüstenmarathons stand im Februar aber erstmal Walking im Hamburger Schneematsch auf dem Programm, um bei Teilnehmern wie Anna Grant die notwendigen Grundlagen zu schaffen. "Ich hatte große Angst vor einem Anfall", gestand die 23jährige Hamburgerin.

Beim Halbmarathon im August kamen alle 14 ins Ziel

Trainigsumfänge und Intensitäten wurden behutsam gesteigert und die Teilnehmer zugleich laufend ärztlich betreut. Außer den täglichen Lungenfunktionsmessungen war ein monatlicher Kontrolltermin in der Praxis Pflicht. Gegen ihr mittelgradig persistierendes Asthma erhalten die Teilnehmer eine leitliniengerechte Kombinationstherapie.

Auch eine Ernährungsberaterin und ein Physiotherapeut unterstützen die Gruppe. Im August stand der vorläufige Höhepunkt, ein Halbmarathon, auf dem Programm. Was anfangs niemand erwartet hatte: Alle 14 kamen ins Ziel, der schnellste sogar in einer Zeit von deutlich unter zwei Stunden.

Während sich die Gruppe in Hamburg auf New York vorbereitet, absolviert Birgit Fischer ihr Training im heimatlichen Päwesin. Auch für sie rückt der Traum von New York immer näher. Realität geworden ist bereits eine bessere Lebensqualität.

"Ich wache nicht mehr jeden Morgen um vier mit Husten auf, sondern schlafe durch. Außerdem kann ich beim Laufen wunderbar abschalten", berichtete die Leistungssportlerin von ähnlichen Erfahrungen wie die Hobbysportler.

Steinmeier und Timmermann sind überzeugt, daß Fischer und die 14köpfige Gruppe ihren Traum verwirklichen werden. Und die anfangs so skeptische Anna Grant hat ihre Einstellung komplett gewandelt: "Ich werde den New York Marathon schaffen, mit einem Lächeln auf den Lippen."

Und danach? Laufen wird wohl für die meisten auch künftig zum Alltag dazu gehören. Anna Grant freut sich schon jetzt auf den Marathon im kommenden Jahr in ihrer Heimatstadt...

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