Kommentar
Gefährliche Ruhigstellung
Antipsychotika haben bekanntlich eine Reihe von Nebenwirkungen und stehen im Verdacht, das Leben Demenzkranker zu verkürzen. Solche Arzneien lassen sich zwar häufig nicht vermeiden, sollten Patienten ohne Psychose aber nicht leichtfertig und vor allem nur kurzfristig verordnet werden. Nach Resultaten einer Studie aus Taiwan kommt bei COPD-Patienten unter Antipsychotika noch ein erhöhtes Risiko für Lungenversagen hinzu. Die Studienautoren gehen davon aus, dass eine dopaminerge und serotonerge Rezeptorblockade die Atmung beeinträchtigt und das Lungenversagen begünstigt.
Schaut man sich die Studiendaten genauer an, ist aber auch eine andere, wesentlich beunruhigendere Interpretation möglich. Offensichtlich erhalten vor allem solche COPD-Kranke Neuroleptika, die auch eine Demenz haben. Dies legt den Verdacht nahe, dass vielleicht nicht das Neuroleptikum zum Lungenversagen, sondern umgekehrt, dass ein sich anbahnendes Lungenversagen zu einer Neuroleptika-Behandlung führt – weil Demenzpatienten aufgrund nicht rechtzeitig erkannter Atemprobleme unruhig werden. Gerade bei multimorbiden Demenzkranken sollten Ärzte folglich noch gründlicher als sonst nach den Ursachen der Unruhe fahnden, bevor sie solche Medikamente verordnen.