IQWIG

Vergleich von Verfahren der Lungenvolumenreduktion noch nicht möglich

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KÖLN. Vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) war das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) beauftragt worden, zu bewerten, welche Vor- und Nachteile chirurgische und bronchoskopische Verfahren haben, mittels derer das Lungenvolumen reduziert werden kann. Der Abschlussbericht liege nun vor, teilt das IQWIG mit.

Demnach ergeben die verfügbaren Studiendaten für chirurgische und für einzelne bronchoskopische Verfahren sowohl Vor- als auch Nachteile im Vergleich zur alleinigen Standardtherapie.

So können einige Interventionen die körperliche Belastbarkeit oder die Lebensqualität erhöhen. Es gibt aber auch negative Effekte: Bei den chirurgischen Verfahren ist das eine zumindest kurzfristig höhere Sterblichkeit, bei den bronchoskopischen treten teils vermehrt Exazerbationen und Pneumothoraxe auf. Ein Vergleich von chirurgischen mit bronchoskopischen Verfahren sei mangels Studien derzeit nicht möglich. Eine laufende Studie lasse aber Erkenntnisse hierzu erwarten.

1218 Teilnehmer

Wie die Wissenschaftler feststellten, ist die Studienlage bei den chirurgischen Verfahren mit insgesamt elf Studien relativ gut. Dabei gibt es eine randomisierte kontrollierte Studie mit 1218 Teilnehmern, die die chirurgische Lungenvolumenreduktion (LVR) ergänzend zur konservativen Therapie mit einer konservativen Therapie allein verglich und bei der die Nachbeobachtungszeit bis zu sechseinhalb Jahre betrug.

Was die Gesamtsterblichkeit betrifft, belegen die Studienergebnisse ein sehr gemischtes Bild: Betrachtet man die Daten fünf Jahre nach dem Eingriff, zeigt sich ein Hinweis auf einen Nutzen der chirurgischen LVR.

Im ersten Jahr nach der OP ist die Sterblichkeit dagegen deutlich höher als bei den konventionell behandelten Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Hier lässt sich ein Beleg für einen Schaden der chirurgischen LVR ableiten.

Zugunsten der chirurgischen Verfahren fielen die Ergebnisse zudem bei der körperlichen Belastbarkeit und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität sowie bei der Atemnot und den Exazerbationen aus. Bei den bronchoskopischen Verfahren konnte das IQWiG insgesamt 15 Studien in den Abschlussbericht einbeziehen, beim Vorbericht waren es lediglich neun gewesen.

Studienzeiträume zu kurz?

Allerdings lieferten auch die neuen Studien jeweils nur Ergebnisse zu relativ kurzen Zeiträumen (drei Monate bis ein Jahr). Zudem gibt es für mehrere Verfahren jeweils nur eine Studie. Insofern ist die Studienlage weiterhin weniger gut als bei den chirurgischen Interventionen.

Für keine der Verfahren zur bronchoskopischen LVR zeigten die Studien einen Unterschied bei der Sterblichkeit im Vergleich zur alleinigen Standardtherapie. Durch das Einführen des Endoskops entsteht in den Bronchien kurzfristig ein starker Reiz, was sich in den Studien in häufigeren Nebenwirkungen wie vermehrte Exazerbationen sowie Infektionen und Verletzungen des Lungengewebes (Pneumothorax) niederschlägt.

Diesem Nachteil stehen aber auch Vorteile gegenüber. So konnten insbesondere bronchoskopische Verfahren, bei denen Spiralen oder Ventile eingesetzt wurden, die körperliche Belastbarkeit und die gesundheitsbezogene Lebensqualität erhöhen.

Wurden Spiralen angewendet, belegten die Daten zudem einen Vorteil durch geringere COPD-Symptome, vor allem Atemnot. Bei Verfahren, die mit Polymerschaum, sogenannten Airway-Bypass-Stents oder thermischer Dampfablation arbeiten, war jeweils nur eine Studie verfügbar. Deren Daten zeigten keinen belastbaren Vorteil dieser Verfahren.

Datenlage ermöglicht noch keine abschließende Bewertung

Den GBA hatte besonders interessiert, wie die älteren chirurgischen verglichen mit den neueren bronchoskopischen Lungenvolumenreduktionsverfahren abschneiden. Wegen der mangelhaften Datenlage bleibe ebenso unklar, für welche Patienten welche Interventionen geeignet seien. Hierfür fehlen bislang unter anderem einheitliche Definitionen der unterschiedlichen Emphysemtypen und valide Ergebnisse der jeweiligen Subgruppen.

Allerdings läuft derzeit eine Studie, die die chirurgische und die bronchoskopische LVR mit Ventilen direkt vergleicht und die für 2019 erste Ergebnisse erwarten lässt. Auch zu einzelnen LVR-Verfahren – insbesondere mit Ventilen – laufen mehrere Studien, sodass sich die Datenlage in den kommenden Jahren weiter verbessern könnte.

Aus den Fragestellungen der aktuellen Studien ziehen die Wissenschaftler zudem den Schluss, dass die bronchoskopischen Verfahren mit Ventilen inzwischen fast ausschließlich einseitig (unilateral) angewendet werden.

Die vorläufigen Ergebnisse, den sogenannten Vorbericht, hatte das IQWiG im Juli 2016 veröffentlicht und zur Diskussion gestellt. Nach dem Ende des Stellungnahmeverfahrens wurde der Vorbericht überarbeitet und als Abschlussbericht im Februar 2017 an den Auftraggeber versandt. Die eingereichten schriftlichen Stellungnahmen werden in einem eigenen Dokument zeitgleich mit dem Abschlussbericht publiziert. Der Bericht wurde gemeinsam mit externen Sachverständigen erstellt. (eb)

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