Mukoviszidose

Antibiotika in Nanopartikeln kommen direkt ans Ziel

Ein in Polyesterpolymer verkapseltes Antibiotikum erreicht leichter Erreger in der Lunge.

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JENA. Forschern der Friedrich-Schiller-Universität Jena ist es jetzt gelungen, eine effiziente Methode zu entwickeln, um die für Mukoviszidose-Patienten oftmals tödlichen Atemwegsinfekte zu behandeln: Im Mittelpunkt stehen dabei Nanopartikel, die Antibiotika besser an ihr Ziel bringen. "In der Regel gelangen die Medikamente durch Inhalation in den Körper und legen dann einen komplizierten Weg bis zu den Erregern zurück, auf dem viele auf der Strecke bleiben", wird Professor Dagmar Fischer vom Lehrstuhl für Pharmazeutische Technologie der Uni Jena in einer Mitteilung der Institution zitiert. Sie hat gemeinsam mit Professor Mathias Pletz vom Zentrum für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene am Uniklinikum Jena das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützte Projekt geleitet.

Die Wirkstoffteilchen müssen zunächst eine bestimmte Größe haben, um in die tieferen Atemwege zu gelangen und nicht vorher irgendwo abzuprallen. Schließlich müssen sie sowohl die dicke Schleimschicht auf den Atemwegen als auch die unteren Schichten des Bakterien-Biofilmes durchdringen.

Um die geballte Gegenwehr zu überwinden, verkapselten die Forscher Wirkstoffe, wie etwa das Antibiotikum Tobramycin, in einem Polyesterpolymer. Die so entstandenen Nanopartikel testeten sie im Labor, in dem sie die vorliegende Lungensituation zuvor simuliert hatten – sowohl im statischen als auch im dynamischen Zustand, also mit nachgebildeten Flussbewegungen. Hierfür hatte Pletz' Arbeitsgruppe neue Testsysteme entwickelt, die die Situation in der Lunge besser darstellen können. Die Wissenschaftler stellten fest, dass ihre Nanopartikel einfacher als der reine Wirkstoff durch das schwammähnliche Netz der Schleimschicht gelangt und schließlich problemlos die Erreger abtötet. Eine zusätzlich aufgetragene Hülle aus Polyethylenglykol macht ihn zudem nahezu unsichtbar für das Immunsystem. "Alle Materialien des Nanoträgers sind zudem biokompatibel, biologisch abbaubar, nicht toxisch und somit ungefährlich für den Menschen", so Fischer in der Mitteilung weiter.

Warum ihre Nanopartikel die Bakterien so viel wirkungsvoller bekämpft, wissen die Jenaer Wissenschaftler zwar noch nicht genau. Das wollen sie aber im kommenden Jahr endgültig aufdecken. "Wir haben zwei Vermutungen: Entweder befördert die viel effizientere Transportmethode deutlich mehr Wirkstoff zum Infektionsherd oder aber der Nanopartikel überwindet einen Abwehrmechanismus, den das Bakterium gegen das Antibiotikum entwickelt hat", erklärt die Jenaer Pharmazeutin. "Letzteres würde bedeuten, dass es uns gelungen ist, durch einen Nanopartikel einem Antibiotikum seine Wirkung zurückzugeben, die er durch Resistenzbildung der Bakterien eigentlich verloren hatte."

"Konkret vermuten wir, dass Bakterien aus den unteren Schichten des Biofilmes in eine Art Winterstarre verfallen und kaum Substanzen von außen aufnehmen. In diesem Stadium sind sie für die meisten Antibiotika, die ausschließlich sich teilende Bakterien abtöten, unangreifbar. Die Nanopartikel transportieren die Antibiotika quasi gegen den Willen der Bakterien ins Zellinnere, wo sie ihre Wirkung entfalten können", ergänzt Pletz.

Außerdem muss das Jenaer Forscherteam die Nanopartikel noch für die Inhalation präparieren. Denn mit 200 Nanometer ist der Partikel zu klein, um in die tieferen Atemwege zu gelangen. "Das Atemsystem filtert sowohl zu große als auch zu kleine Partikel heraus", so Fischer. "Uns bleibt somit ein bevorzugtes Fenster zwischen einem und fünf Mikrometern." Auch für dieses Problem haben die Jenaer Forscher bereits vielversprechende Lösungsideen. (eb)

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