UKD

Vergiftungen mit Kohlenmonoxid nehmen zu

In Überdruckkammern wird Patienten mit Kohlenmonoxidvergiftungen über Atemmasken hyperbarer Sauerstoff verabreicht.

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DÜSSELDORF. Die Zahl der Behandlungen wegen Vergiftungen mit Kohlenmonoxid (CO) ist im Vergleich zum vergangenen Jahr erneut gestiegen. Das Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD) rät daher zu erhöhter Wachsamkeit und Vorsicht.

Bis Ende November wurden bereits mehr als 180 Fälle von Kohlenmonoxidvergiftungen in der speziellen Druckkammer am UKD mit der Hyperbaren Sauerstofftherapie (HBO) behandelt, darunter einige bei Kindern. Rund 50 Vergiftungen sind auf das Rauchen von Shishas zurückzuführen, heißt es in der Mitteilung der UKD.

Im vergangenen Jahr waren es zum gleichen Zeitpunkt rund 100 Behandlungen, davon 40 durch Shishas. Auch defekte Gasthermen oder ein Holzkohlegrill in der Wohnung stellen ein Risiko dar. „Kohlenmonoxidvergiftungen sind lebensgefährlich“, wird Dr. Sven Dreyer, leitender Druckkammerarzt der UKD in der Mitteilung zitiert.

Anfang November 2018 in Bochum: Der Gast einer Shisha-Bar klagt über Übelkeit und Kopfschmerzen. Am Ende des Abends ist die Bar komplett geräumt, mehr als 120 Menschen werden evakuiert und betreut – vier Personen werden leicht verletzt, zwei Personen müssen in eine Spezialklinik.

Fazit der Einsatzkräfte: Die Opfer haben eine schwere Kohlenmonoxidvergiftung erlitten – weltweit eine der Hauptursachen für tödliche Vergiftungen.

Bewusstlosigkeit bei rund 1,3 Prozent Kohlenmonoxid in der Luft

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) geht davon aus, dass bereits eine Konzentration von rund 1,3 Prozent Kohlenmonoxid in der Luft nach wenigen Atemzügen zur Bewusstlosigkeit und auch zum Tode führen kann.

Der Bochumer Fall macht deutlich, was viele unterschätzen: Auch bei der Verbrennung der Wasserpfeifenkohle entsteht Kohlenmonoxid (CO) – insbesondere beim schnellen Rauchen ohne Absetzen der Pfeife in geschlossenen Räumen ohne ausreichende Luftzufuhr.

„Das ist ein typischer Vorfall, von dem wir hier in der Druckkammer an der Uniklinik Düsseldorf immer wieder hören. Die Gefahr von Kohlenmonoxid wird schlichtweg unterschätzt.“, berichtet Dreyer.

„Die Vergiftungssymptome bei CO-Vergiftungen beginnen mit Schwindel, gehen über in Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, bis hin zur Bewusstlosigkeit und dann irgendwann zu Krampfanfällen.“

Dies sei besonders tückisch, weil viele Betroffene die Symptome zunächst häufig auf allgemeines Unwohlsein oder als Reaktion auf den Tabakkonsum deuten würden, erklärt der erfahrene Notfallmediziner. „Viele glauben, sie hätten einen Rauschzustand.

Bis der Rettungsdienst informiert wird, ist es manchmal schon zu spät. Um Vergiftungen zu verhindern, benötigt es eine gute Lüftung und ausreichend Sauerstoffzufuhr – das gilt für Privathaushalte, wie für die beliebten Shisha-Bars. CO-Melder können dabei helfen, die Gefahr zu erkennen.“

Achtung bei Holzkohlegrill

Neben den Wasserpfeifen sind weitere Risikopunkte unter anderem Gasthermen, die unvollständig verbrennen – etwa, weil der Brenner verrußt ist. Professor Joachim Windolf, Direktor der Klinik für Hand- und Unfallchirurgie am UKD, warnt zudem davor einen Holzkohlegrill oder ein offenes Feuer in geschlossenen Räumen aufzustellen.

„Bei der Verbrennung der Holzkohle, entsteht das Gas und kann in geschlossenen Räumen nicht abziehen“, erklärt der Leiter der Düsseldorfer Unfallmedizin, die auch die HBO-Druckkammer betreut. „Ganz schlecht ist es dann zum Beispiel noch die Dunstabzugshaube einzuschalten – statt nur den Rauch abzusaugen, zieht sie noch zusätzlich die Luft und damit auch den Sauerstoff aus der Wohnung.“

Im Verdachtsfall sollte man sofort alle Fenster öffnen, umgehend den Raum verlassen und die Feuerwehr verständigen. Vorbeugend raten Experten zudem immer zum Kauf von Kohlenmonoxidmeldern. Die kleinen Geräte werden an der Wand angebracht und sind in jedem Baumarkt zu bekommen.

Wichtig: Rauchmelder ersetzen keine Kohlenmonoxidmelder, da sie das Gas nicht erfassen.Das UKD verfügt über eine 12-Personen Druckkammer modernsten Standards, die 24 Stunden am Tag einsatzbereit ist.

Hier wird bei der HBO – unter Zuhilfenahme von Überdruck – 100 Prozent Sauerstoff über Atemmasken kontrolliert über genau definierte Zeiträume und -intervalle verabreicht. Der Sauerstoff wird über die Lunge an das Blut weitergegeben und verdrängt das Kohlenmonoxid (CO) aus den roten Blutkörperchen und dem Gewebe.

Bei einer Vergiftung gelangt das CO über die Atemluft und die Lunge in den Blutkreislauf, wo es sich auf das Hämoglobin setzt. Ist CO an das Hämoglobin gebunden, können die roten Blutkörperchen den Sauerstoff schwerer aufnehmen und nicht mehr ausreichend transportieren, was im schlimmsten Fall zu ausgeprägten Nervenschäden, neurologischen Spätschäden (zum Beispiel Gedächtnisstörungen) und zum Ersticken führen kann.

Laut Statistischem Bundesamt gab es 650 Tote durch CO-Vergiftungen in Deutschland im Jahr 2015 – rund 80 Prozent der Opfer waren männlich. (eb)

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