Mit Pankreas-Zellen wollen Forscher künftig Diabetes heilen

LEIPZIG (mar). Auf die Stammzellforschung setzen auch Diabetologen große Hoffnungen. Gelinge es, aus adulten Stammzellen von Menschen voll funktionsfähige, insulinproduzierende Betazellen zu entwickeln und diese zu transplantieren, ergebe sich für Diabetiker erstmals die Aussicht auf Heilung. Erste ermutigende Ergebnisse hat es bereits bei Mäusen mit Diabetes gegeben.

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So führte die Transplantation von Betazellen, die aus embryonalen Stammzellen entwickelt werden konnten, bei Mäusen zur Senkung bis hin zur Normalisierung der Blutzuckerwerte. Das hat Professor Jochen Seißler bei einer Veranstaltung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft in Leipzig berichtet.

Aus Pankreas-Stammzellen kann man Betazellen züchten

Mittlerweile sei es auch gelungen, adulte Stammzellen aus dem Pankreas von diabetischen Mäusen zu isolieren, sie in Zellkultur zu vermehren und in insulinproduzierende Betazellen differenzieren zu lassen. Allerdings komme es in diesen Zellen derzeit noch zu einer nicht regulierten, permanenten Insulinfreisetzung.

Für die therapeutische Nutzung erforderlich sind jedoch voll funktionsfähige Betazellen, die Insulin je nach dem aktuellen physiologischen Bedarf sezernieren. Hier sei weiterhin intensive Forschung notwendig, um die Faktoren und Regulationsprozesse zu identifizieren, die die Differenzierung der Stammzellen in Betazellen beeinflussen.

Unklar ist bislang, ob sich die bei Mäusen erzielten Erkenntnisse auch auf humane Stammzellen übertragen lassen. Seißler schätzt, daß es innerhalb der nächsten zehn Jahre gelingen wird, auch humane Stammzellen in vitro zu Betazellen ausdifferenzieren zu lassen. Ziel sei, Methoden zu entwickeln, die es erlauben, die Differenzierung von Betazellen in vitro zu steuern und transplantationsfähige Zellen in hoher Reinheit herzustellen, sagte der Diabetologe vom Klinikum Innenstadt der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Einen Vorteil der Therapie mit adulten Stammzellen sieht Seißler darin, daß man diese in großer Zahl und auch von den betroffenen Patienten selbst gewinnen könne. Denn auch das Pankreas von erwachsenen Diabetikern enthalte noch Stammzellen, die sich in Zellkultur vermehren lassen.

Patienten mit den eigenen Stammzellen zu behandeln, hätte außerdem den Vorteil, daß auf eine Immunsuppression zur Prävention von Abstoßungsreaktionen bei Typ-2-Diabetikern verzichtet werden könnte oder daß Immunsuppressiva in niedrigen Dosen ausreichen, die Reaktivierung von Autoimmunprozessen bei Typ-1-Diabetikern zu verhindern.

Für welche Patienten könnte diese Behandlung eine Option sein? Zielgruppe seien vor allem Patienten mit Typ-1-Diabetes in frühem Krankheitsstadium, sagte Seißler. Dies sind die Patienten, bei denen es noch zu keinen mikro- und makrovaskulären Folgeerkrankungen gekommen ist. Mit einer Stammzelltherapie soll hier auch die Entwicklung von diabetischen Spätschäden verhindert werden.

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