Acarbose kann mehr als nur den Blutzucker senken

HAMBURG (grue). Das orale Antidiabetikum Acarbose senkt nicht nur effektiv den postprandialen Blutzucker, sondern dämmt auch die Entzündungsreaktion an den Gefäßen ein. Im Prinzip ist es also auch ein kardiovaskulär wirksames Medikament.

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Acarbose (Glucobay®) ist ein FirstLine-Medikament zur frühen Therapie von Typ-2-Diabetikern. Es fängt postprandiale Blutzuckerspitzen ab und glättet das Blutzucker-Tagesprofil. Die Substanz habe aber noch weitere Effekte, die das hohe kardiovaskuläre Risiko von Diabetikern verringern, erläuterte Professor Markolf Hanefeld aus Dresden. So senkt Acarbose den Blutdruck, verbessert das Lipidprofil und normalisiert die Serum-CRP-Spiegel.

Weitere Hinweise auf eine günstige entzündungshemmende und immunmodulierende Wirkung von Acarbose habe die AIDA-Studie* geliefert, so Hanefeld bei einer Veranstaltung von Bayer HealthCare beim Diabetes-Kongress in Hamburg. Für die Studie wurden 87 Patienten mit neu diagnostiziertem Typ-2-Diabetes für fünf Monate mit dreimal täglich 100 mg Acarbose behandelt. Danach wurden vor und nach einem standardisierten Frühstück Darmbiopsien entnommen. Das Ergebnis: Bei diesen Patienten fiel der postprandiale Leukozyten- und Lymphozytenanstieg deutlich geringer aus als bei unbehandelten Kontrollpersonen, so Hanefeld. "Offenbar wird durch Acarbose die Immunantwort des Darmes günstig beeinflusst." Acarbose habe pleiotrope Effekte am Darm, weil die Substanz den intestinalen Transport komplexer Kohlenhydrate verlängert und die Glukoseabsorption in den unteren Dünndarm verlagert.

Auf kardiovaskulärer Seite konnte in einer Substudie zu STOP-NIDDM gezeigt werden, dass die Substanz die Verdickung der Arterienwände aufhält und damit die Progression der Atherosklerose verlangsamt. "Die jetzt gut untersuchten antiinflammatorischen Eigenschaften von Acarbose tragen zur besseren Langzeitprognose der damit behandelten Patienten bei", so Hanefeld.

Den jüngsten Beweis dafür liefert eine Metaanalyse von sieben prospektiven Studien, in denen die Wirkung von Acarbose im Vergleich zu Placebo untersucht worden ist. Bereits nach einem Jahr war es in der Acarbose-Gruppe zu 35 Prozent weniger kardiovaskulären Ereignissen gekommen. Speziell die Zahl der Myokardinfarkte war um 64 Prozent geringer. Acarbose bleibe für ihn deshalb das Mittel der Wahl zur Frühtherapie bei Typ-2-Diabetes, zumal es bei langsamer Aufdosierung von 90 Prozent der Patienten gut vertragen werde, sagte Hanefeld.

*AIDA: Placebo controlled investigation on action of Acarbose on subclinical inflammation and immunresponse in early type 2 Diabetes and atherosklerosis risk

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