Ab 94 cm Taillenumfang wird‘s kritisch

Veröffentlicht:

NEU-ISENBURG (jma). Ein erhöhter Taillenumfang ist das äußerlich sichtbare Zeichen für zu viel viszerales Bauchfett. Haben Frauen einem Taillenumfang über 80 cm oder Männer einen Umfang über 94 cm, ist bei ihnen sowohl das Risiko für Typ-2-Diabetes als auch für kardiovaskuläre Ereignisse erhöht.

Mit dem Übergewicht steigt das Risiko für Atherosklerose und Typ-2-Diabetes. Der BMI korreliert jedoch nicht gut mit dem Risiko. Wesentlich aussagekräftiger ist das Fettverteilungsmuster. In den vergangenen Jahren hat sich herausgestellt, dass übergewichtige Patienten mit abdomineller Fettverteilung ein besonders stark erhöhtes Risiko haben.

Subkutanes Fett wirkt nur wenig atherogen

Ausschlaggebend ist hier das viszerale Fettdepot - das überschüssige Fett, das sich um die Bauchorgane sammelt. Befindet sich das Fett dagegen vor allem subkutan über den Körper verteilt, ist das Risiko gering. Bei einer Messung des Taillenumfangs gilt die Richtlinie der International Diabetes Federation (IDF, 2005): Mehr als 94 cm sollten es bei Männern nicht sein, bei Frauen nicht mehr als 80 cm. Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft veröffentlichte 2006 noch etwas moderatere Zahlen: 102 cm bei Männern, 88 cm bei Frauen.

Viszerales Fett funktioniert wie ein endokrines Organ

Was das viszerale vom subkutanen Fettgewebe unterscheidet, berichten Forscher von der Universität Leipzig: Fettgewebe wird heute nicht nur als Energiespeicher, sondern auch als endokrines Organ aufgefasst. Die anatomische Lokalisation des viszeralen Fettgewebes hat eine besondere Bedeutung, da Metaboliten und Adipokine aus dem Gewebe in das Pfortadersystem freigesetzt werden und damit unverdünnt in der Leber wirken (Internist 48, 2007, 126).

Zusätzlich hat das viszerale im Vergleich zum subkutanen Fettgewebe eine niedrigere Insulinsensitivität. Hinzu kommt eine höhere Katecholaminempfindlichkeit und damit eine höhere Lipolyserate, die zur verstärkten Freisetzung freier Fettsäuren führt. Dies erhöht die Konzentration kleiner, besonders atherogener LDL-Cholesterin-Partikel, was die Entwicklung einer Atherosklerose fördert. Auch der HbA1c-Wert und die Triglyzeride steigen.

Das Fettgewebe als endokrines Organ sezerniert außerdem viele so genannte Adipokine. Dazu gehören auch Interleukin-6 und Tumornekrosefaktor alpha (TNF-a). Sie führen zu einer Abnahme der Insulinempfindlichkeit.

Botenstoffe aus dem Bauchfett begünstigen Entzündungen

Zudem lösen diese Faktoren unterschwellig chronische Entzündungen aus und begünstigen dadurch Gefäßschäden. Mit der Zunahme des Fettgewebes sinkt auch die Synthese von Adiponektin. Diese Substanz hat antientzündliche und antiatherogene Effekte und wirkt zusätzlich als körpereigener Insulinsensibilisator.

Informationen zur Richtlinie der IDF: www.idf.org/webdata/docs/IDF_prevention_consensus_DM.pdf

Messung des Taillenumfangs

Viszerales Bauchfett führt zu Diabetes und kardiovaskulären Erkrankungen. Mit dem Taillenumfang ist das Risiko einfach abzuschätzen: Gemessen wird im Stehen mit freiem Oberkörper, das Maßband wird in gerader Linie zwischen dem unteren Rippenbogen und dem Beckenkamm herumgeführt. Der Taillenumfang wird nun bei leichter Ausatmung bestimmt. Mehr als 94 cm sollten es bei Männern nicht sein, bei Frauen nicht mehr als 80 cm.

(eb)

Mehr zum Thema

Im Vorfeld des Deutschen Diabetes Kongresses

Fachgesellschaft: Diabetologie muss bei Klinikreform mitgedacht werden

„Bedrohliche Pflegeplatzlücke“

Pflegeverband sorgt sich um die Versorgung in Altenheimen

Kardiorenaler Schutz bei Typ-2-Diabetes mit chronischer Nierenerkrankung

Frühe Diagnostik und leitliniengerechte Risikosenkung

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Lesetipps
Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken

Gesundheitsminister Lauterbach hat angekündigt, den Entwurf für die Klinikreform am 8. Mai im Kabinett beraten lassen zu wollen. 

© picture alliance / Geisler-Fotopress

Großes Reformpuzzle

So will Lauterbach den Krankenhaus-Sektor umbauen