Wie viele Teststreifen braucht ein Diabetiker?

Große Verunsicherung herrscht bei der Verordnung von Blutzucker-Teststreifen an Typ-2-Diabetiker. Teilweise fehlen klare Regelungen, wann die Verordnung wirtschaftlich ist. Der stellvertretende Vorsitzende des Berufsverbands der niedergelassenen Diabetologen, Dr. Richard Daikeler, beschreibt das Problem aus seiner Sicht.

Veröffentlicht:

"Es herrscht so eine Verunsicherung, dass viele Hausärzte ihren Typ-2-Diabetikern keine Teststreifen mehr verordnen", sagt Daikeler. Seine Kollegen haben Angst vor Regressen. Als Folge müssten Patienten teilweise bitten und betteln. "Das ist unwürdig", so Daikeler. Seiner Auffassung nach fehlt eine "klare Rechtsordnung" über die Wirtschaftlichkeit der Verordnungen.

Teststreifen nehmen eine Sonderrolle im System der Hilfsmittel ein. Als klassisches Hilfsmittel sind sie zuzahlungsbefreit. Gesetzlich wurden sie aber bereits in den 90-er Jahren Arzneimitteln zugeordnet. Deshalb fallen sie unter die Arzneimittelrichtlinien und schlagen in den Arzneimittelbudgets zu Buche.

Problematisch ist aus Daikelers Sicht, dass die regionalen Kassen und KVen unterschiedliche Auffassungen über die Wirtschaftlichkeit der Verordnungen vertreten. In Niedersachsen haben KV und Kassen deshalb gar keine Vereinbarung getroffen. In der KV Westfalen-Lippe etwa gilt die Empfehlung, dass nicht insulinpflichtige Diabetiker bis zu 50 Streifen pro Quartal erhalten können.

Etliche KVen raten außerdem, dass Teststreifen nur insulinpflichtigen Typ-2-Diabetikern verordnet werden sollen. Sie gehen davon aus, dass bei anderen Typ-2-Diabetikern die regelmäßige Blutzuckerkontrolle nur zur Einstellung nötig ist. So heißt es bei der KV Hessen: "Teststreifen zur Blutzucker-Selbstkontrolle bei Typ 2-Diabetikern, die lediglich auf eine orale Medikation inklusive Diät eingestellt sind, sind aus Wirtschaftlichkeitsgründen nicht verordnungsfähig." Diese Aussage ist jedoch eindeutig als "Rat" gekennzeichnet und daher nicht verpflichtend.

Viele Diabetologen sind der Auffassung, dass die Blutzuckertests auch für die Patienten, die mit oralen Antidiabetika behandelt werden, eine Art "Tachometerfunktion" erfüllen und die Compliance steigern. "Es ist sehr schwierig, Diabetiker zur Mitwirkung an ihrer Therapie zu bewegen. In der Praxis sind die Teststreifen deshalb ein wichtiges Kontrollinstrument", sagt Daikeler. (ami)

Lesen Sie mehr im Special: Blutzucker-Selbstmessung

Mehr zum Thema

„Bedrohliche Pflegeplatzlücke“

Pflegeverband sorgt sich um die Versorgung in Altenheimen

Kardiorenaler Schutz bei Typ-2-Diabetes mit chronischer Nierenerkrankung

Frühe Diagnostik und leitliniengerechte Risikosenkung

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Aktuelle Forschung

Das sind die Themen beim Deutschen Parkinsonkongress

Lesetipps
Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert