"Jede Frau mit Kinderwunsch sollte auf Diabetes untersucht werden"

Jeder hohe Blutzucker bei Schwangeren gefährdet das Kind. Das hat die HAPO-Studie mit über 23 000 Schwangeren bestätigt (wir berichteten). Diese und viele weitere wichtige Studien von 2008 werden beim Diabetes Update am 20. und 21. März 2009 in Düsseldorf vorgestellt. Wir sprachen mit Professor Werner Scherbaum, der zusammen mit Professor Stephan Martin das Update leitet.

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Ärzte Zeitung: Herr Professor Scherbaum, für welche Arztgruppen ist das Diabetes Update interessant?

Professor Werner Scherbaum: Nicht nur niedergelassene und stationär tätige Diabetologen, sondern auch Internisten und am Diabetes interessierte Hausärzte, Kardiologen, Nephrologen und Neurologen treffen sich beim Diabetes Update.

Ärzte Zeitung: Und was erwartet sie?

Scherbaum: Es werden klinisch relevante Studien aus allen Fachbereichen der Diabetologie vorgestellt, die bis Ende Dezember 2008 - zum Teil sogar noch später - publiziert wurden.

Ärzte Zeitung: Zum Beispiel?

Scherbaum: Ein Highlight des Updates werden die neuen Erkenntnisse zum Schwangerschaftsdiabetes sein. So hat zum Beispiel die HAPO-Studie gezeigt, dass höhere Blutglukosewerte bei Schwangeren zu einem stetigen Anstieg perinataler Komplikationen führen, ohne festlegbaren Schwellenwert.

Ärzte Zeitung: Reichen zur Diagnostik Messungen des Nüchternblutzuckers aus?

Scherbaum: Nein, auf gar keinen Fall. Vielmehr muss zum Ausschluss eines Gestationsdiabetes ein oraler Glukosetoleranztest durchgeführt werden, mit Blutzuckermessungen auch nach einer Stunde und mit schärferen diagnostischen Eckwerten als außerhalb der Schwangerschaft.

Ärzte Zeitung: Sollten alle Schwangeren darauf gescreent werden?

Scherbaum: Ja, zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche sollte sich jede Frau, die ein Kind erwartet, einem Belastungstest mit 75 Gramm Glukose unterziehen. Denn es sind keineswegs nur Frauen aus sogenannten Risikogruppen - etwa mit metabolischem Syndrom - vom Schwangerschaftsdiabetes betroffen.

Ärzte Zeitung: Wozu raten Sie noch?

Scherbaum: Schon vor der Schwangerschaft sollte sich jede Frau mit Kinderwunsch auf Diabetes untersuchen lassen. Viele bis dahin unerkannte Typ-2-Diabetikerinnen werden sonst erst im Laufe ihrer Schwangerschaft diagnostiziert. Bis dahin können aber bereits irreversible Entwicklungsschäden beim ungeborenen Kind auftreten. Diese lassen sich durch eine rechtzeitige geeignete Therapie vermeiden.

Ärzte Zeitung: Gehört dazu auch eine Änderung des Lebensstils??

Scherbaum: Unbedingt, und dies gilt für die Therapie aller Diabetiker. Nach ersten Zwischenergebnissen der Look AHEAD-Studie können Ernährungsumstellung und regelmäßige körperliche Aktivität schon nach kurzer Zeit sämtliche Parameter des metabolischen Syndroms - auch den HbA1c - dramatisch verbessern.

Das Interview führte Simone Reisdorf. Weitere Informationen www.diabetes-deutschland.de. Anmeldung zum Update unter www.diabetes-update.com

 

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