Versorgung von Diabetikern wird besser

Die Versorgung von Diabetes-Patienten hat sich in den vergangenen Jahren in Deutschland etwas verbessert, wie die Analyse im jetzt neu erschienenen "Weißbuch Diabetes" ergeben hat. Kritisch setzt sich das Weißbuch mit dem IQWiG auseinander.

Wolfgang GeisselVon Wolfgang Geissel Veröffentlicht:
Blutdruckmessung: Die Zahl der Diabetiker mit sehr hohen Werten hat abgenommen. © Sanders / fotolia.com

Blutdruckmessung: Die Zahl der Diabetiker mit sehr hohen Werten hat abgenommen. © Sanders / fotolia.com

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STUTTGART. Die neue Auflage des 2006 erstmals erschienenen Weißbuchs ist jetzt beim Jahrestreffen der Deutschen Diabetes-Gesellschaft in Stuttgart vorgestellt worden. Das Buch liefert eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme über die Versorgung von Menschen mit Diabetes in Deutschland. Zugleich werden Perspektiven für eine künftige nationale Diabetesstrategie aufgezeigt.

Daten zu den Therapieergebnissen in Deutschland hat Professor Bertram Häussler vom IGES Institut in Berlin - einer der Autoren des Buchs - in Stuttgart vorgestellt. So ergab zum Beispiel die Analyse von Studiendaten zwischen 1998 und 2007 eine Abnahme des Anteils von sehr schlecht eingestellten Patienten, sagte Häussler bei einer von Roche Pharma unterstützten Veranstaltung. Nach den Angaben im Weißbuch hatten in der CODE-2-Studie vor zwölf Jahren 22 Prozent der Untersuchten noch einen HbA1c-Wert über 8,4 Prozent, 2007 betrug dieser Anteil im DMP Nordrhein hingegen nur noch 10 Prozent. Ebenso hat der Anteil der Diabetiker mit sehr hohem Blutdruck (160 bis 169/100 bis 109 mmHg) in einer Analyse der KV Nordrhein zwischen der Einschreibung in das DMP (vor 2005) und 2007 von 11,4 auf 7,5 Prozent abgenommen. Allerdings wurde der Zielwert von unter 130/85 mmHg auch 2007 von nur 27 Prozent der Patienten erreicht.

Nach den Angaben im Weißbuch gibt es auch Hinweise darauf, dass die Sterberate in den vergangenen Jahren bei Diabetikern gesunken ist. Ein Rückgang ist auch bei der Zahl der Raucher unter den Diabetikern zu verzeichnen. Unverändert hoch ist die Zahl übergewichtiger Patienten. Rückgänge bei mikro- und makrovaskulären Folgerkrankheiten konnten nicht belegt werden. Angesichts der starken Zunahme von Patienten mit Diabetes sind jedoch weiter dringend neue Konzepte zur Prävention und Therapie erforderlich.

Kritisch setzt sich das Weißbuch mit der Rolle des IQWiG in den vergangenen fünf Jahren bei der Diabetestherapie auseinander. Alle von dem Institut vorgenommenen Nutzenbewertungen von neuen Antidiabetika sind negativ ausgefallen, das heißt ein Zusatznutzen im Vergleich zu herkömmlichen Medikamenten wurde nicht gesehen. Ähnlich negative Bewertungen von Arzneimitteln habe es zwischen 1978 und 2006 von den Experten Fricke und Klaus gegeben, so Häussler. Von den beiden Experten wurden in dieser Zeit 733 Wirkstoffe beurteilt und knapp die Hälfte als Scheininnovationen eingestuft. Mehrere dieser negativ beurteilten Wirkstoffe gehörten heute zu den am meisten verordneten Substanzen wie Simvastatin oder Ramipril, sagte Häussler. Nach den Angaben des Weißbuchs wurden von den heute 24 meistverordneten Substanzen sieben seit 1978 eingeführt und sechs davon ursprünglich als Scheininnovation eingestuft. "Was wäre gewesen, wenn diese Arzneimittel in der Vergangenheit ausgeschlossen worden wären", fragte er.

Die Autoren des Weißbuchs setzen sich bei der Beurteilung von neuen Arzneimitteln für eine Vielfalt an Bewertungsinstitutionen ein. Auch die Perspektive der Patienten sollte in die Bewertung einbezogen werden. Das Weißbuch empfiehlt daher ein Stimmrecht der Patientenvertreter im G-BA.

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