Insulin bei Typ-2-Diabetes

Was bringt Blutzuckermessen?

Bei Typ-2-Diabetikern mit Insulintherapie ergaben sich in einer deutschen Studie für die Blutzuckerselbstmessung und die HbA1c-Bestimmung keine Vorteile für die glykämische Kontrolle.

Von Dr. Christine Starostzik Veröffentlicht:
Ärztin zeigt einem Senioren die Blutzuckerselbstmessung.

Ärztin zeigt einem Senioren die Blutzuckerselbstmessung.

© Kneschke/fotolia.com

BAD LAUTERBERG. Ebenso wie Typ-1-Diabetikern wird Typ-2-Diabetikern mit Insulintherapie in Leitlinien zur Blutzucker-Selbstkontrolle (SMBG) geraten. Dies soll zeitnahe Therapieanpassungen ermöglichen.

Ob die SMBG tatsächlich Vorteile für die glykämische Kontrolle von Patienten unter konventioneller Insulintherapie bringt, haben Professor Michael Nauck vom Diabeteszentrum Bad Lauterberg und Kollegen in einer randomisierten, prospektiven Studie an Zentren der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) untersucht (Diabetologia 2014; 57: 868-877).

Die Teilnehmer wurden mit Basalinsulin oder mit einer fixen Insulinmischung behandelt und bekamen zum Teil zusätzlich orale Antidiabetika. 151 Patienten bestimmten einmal wöchentlich ihr Blutzuckerprofil mit vier Messungen, 149 Patienten ohne Selbstmessungen dienten als Kontrollgruppe.

Bei allen wurde der Harnzucker kontrolliert. Zudem wurde untersucht, ob die Kenntnis der alle drei Monate bestimmten HbA1c-Werte Auswirkungen auf die glykämische Kontrolle hatte.

Kein Vorteil der Blutzuckermessung

Etwas mehr als die Hälfte der Patienten injizierte zweimal täglich fest gemischte Kombinationsinsuline, die anderen wurden mit Basalinsulin und oralen Antidiabetika behandelt. In der Gruppe mit Blutzucker-Selbstmessung verringerte sich der HbA1c innerhalb von zwölf Monaten von 7,3 auf 7,0 Prozent.

In der Gruppe ohne Blutzucker-Selbstmessung sank der HbA1c ebenfalls von 7,3 zu Beginn der Studie auf 7,0 Prozent nach einem Jahr. Dabei war es egal, ob den Studienzentren die Laborbefunde der Patienten mitgeteilt wurden oder nicht.

Therapieintensivierungen (zum Beispiel höhere Dosis des oralen Antidiabetikums oder ein Präparatwechsel oder auch eine höhere Insulindosis oder ein zusätzliches kurzwirksames Insulin) wurden signifikant häufiger vorgenommen, wenn vermehrt Harnzucker festgestellt wurde oder auch die Werte von HbA1c-, Nüchtern- oder postprandialem Blutzucker angestiegen waren.

Dennoch hatten diese Maßnahmen insgesamt keinen Einfluss auf die durchschnittliche glykämische Kontrolle der Patienten. Therapieintensivierungen wurden zudem mit einer Wahrscheinlichkeit von höchstens 44 Prozent vorgenommen, und zwar selbst dann, wenn der Laborbefund einen HbA1c-Wert von 8 Prozent oder darüber dokumentierte.

Patienten relativ gut eingestellt

Aus ihren Ergebnissen schließen Nauck und Kollegen, dass für eine Verbesserung der glykämischen Kontrolle möglicherweise striktere Intensivierungsmaßnahmen nötig gewesen wären.

Zwar führte die Blutzuckerselbstmessung zu Intensivierungen der Therapie bei den Typ-2-Diabetikern mit konventioneller Insulintherapie, aber solche Maßnahmen wurden zu selten initiiert und waren offenbar häufig zu schwach, um den HbA1c signifikant zu beeinflussen, meinen die Autoren.

Allerdings sehen sie auch in der ohnehin schon relativ guten Einstellung der Patienten zu Beginn der Studie (durchschnittlicher HbA1c 7,3 Prozent) einen Grund dafür, dass die glykämische Kontrolle infolge der Selbstmessungen nicht weiter verbessert werden konnte.

Es sei möglicherweise unrealistisch, so Nauck und Kollegen, mit einer konventionellen Insulintherapie HbA1c-Ziele unter 6,5 Prozent zu erreichen.

Die Autoren weisen ausdrücklich darauf hin, dass die Ergebnisse ihrer Studie nicht automatisch auf andere Typ-2-Diabetiker übertragbar sind.

Bei Patienten mit höheren Ausgangs-HbA1c-Werten, anderen Therapieregimen oder einem abweichenden Modus der Selbstkontrolle könne die Blutzuckerselbstmessung die glykämische Kontrolle möglicherweise positiv beeinflussen.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Messen ist kein Selbstzweck

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