Diabetisches Fußsyndrom

Regelmäßige Kontrollen beugen Amputationen vor

Von Prof. Hellmut Mehnert Veröffentlicht:
Vor allem ältere Patienten, Übergewichtige oder Patienten mit Gelenkbeschwerden brauchen für die Kontrolle einen Spiegel, so Professor Hellmut Mehnert.

Vor allem ältere Patienten, Übergewichtige oder Patienten mit Gelenkbeschwerden brauchen für die Kontrolle einen Spiegel, so Professor Hellmut Mehnert.

© imago

Zur Selbstkontrolle müssen Patienten mit Diabetes unbedingt täglich ihre Füße inspizieren. Für die Prävention eines Diabetischen Fußsyndroms (DFS) sind dabei besonders Fußsohlen und Zehen nach Schwielen und möglichen Läsionen abzusuchen. Vor allem ältere Patienten, Übergewichtige oder Patienten mit Gelenkbeschwerden brauchen für die Kontrolle einen Spiegel.

Zur Prävention eines DFS ist Patienten einzuschärfen: Die Nägel sollte ein Fußpfleger schneiden und feilen, spitze Scheren und scharfe Bürsten sind bei der Pflege tabu. Die Füße sind zudem täglich mit laufwarmem Wasser zu waschen. Und Patienten dürfen keine zu engen Schuhe tragen (gilt besonders für Frauen). Strümpfe ohne Naht sind zu bevorzugen.

Bisher sind die Erkrankungsraten an DFS trotz aller Schulungen unbefriedigend bis desaströs. So hatten in einem Disease Management-Programm (DMP) der KV Nordrhein 4,2 Prozent der Diabetiker eine akute Fußläsion. Hochgerechnet auf Deutschland wären nach diesen Zahlen etwa 315.000 Patienten wegen Fußläsionen zu versorgen.

Risikofaktor Neuropathie

Wesentlich ist es, die periphere Nervenfunktion als Auslöser einer diabetischen Fußläsion abzuklären. Die Neuropathie ist der wichtigste DFS-Risikofaktor. Durch die nervale Schädigung haben viele Betroffene bei Verletzungen am Fuß keine Schmerzen mehr und sind sich sogar ausgeprägter Wunden nicht mehr bewusst. Mit schlimmen Folgen: So bitten einige Betroffene den Arzt sogar noch um eine Wundsalbe, wenn ihre Füße buchstäblich schon halb abgefault sind.

Gleichzeitig mit der Neuropathie verkürzen sich die Sehnen durch Hyperglykämie-bedingte Prozesse. Viele Diabetiker können daher die Hände nicht mehr flach aneinanderlegen. Weil auch die Achillessehnen kürzer werden, entsteht ein Spitzfuß. Die vordere Fußsohle wird so pathologisch belastet und es entstehen dort die typischen DFS-Ulzera. Auch die Sehnen an den Zehen verkürzen sich oft. Hier kann man chirurgisch mit dem Durchtrennen der Sehnen viel Gutes tun. Dem Spitzfuß können orthopädische Schuhmacher mit speziellen Einlagenentgegenwirken. Zur Orientierung werden dabei mit einer Pedografie die Hauptbelastungspunkte an der Fußsohle bestimmt.

Arterielle Verschlusskrankheit

Nicht selten wird das DFS durch neuroischämische Prozesse verursacht. Bei Verdacht ist eine zusätzliche periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) abzuklären. Zur Diagnostik kommt zunächst nach wie vor die Palpation der Fußpulse in Betracht, ergänzt durch die Bestimmung des Blutdrucks an den beiden Gefäßen der Fußknöchel. Mit der Dopplersonde kann man den Blutfluss hörbar machen. Ist der Blutdruck am Knöchel niedriger als am Oberarm, ist selbst bei beschwerdefreien Patienten die Gefäßerkrankung bewiesen.

Wegen des hohen Risikos müssen Ärzte gemäß den Leitlinien die Füße aller Diabetiker einmal jährlich kontrollieren, bei sensorische Neuropathie alle sechs Monate und bei zusätzlichen Zeichen einer PAVK oder auch bei zusätzlichen Fußdeformitäten alle ein bis drei Monate; Letzteres gilt auch bei einem frühen Ulkus.

Bei der Therapie müssen Spezialisten wie Diabetologen und Gefäßchirurgen eng mit Vertretern anderer Gesundheitsberufe wie Podologen, Wundassistenten und Orthopädie-Schuhtechnikern zusammenarbeiten. Grundprinzipien der Behandlung sind Druckentlastung, Wundsäuberung und stadiengerechte lokale Wundbehandlung sowie die Verbesserung der Durchblutung und die Therapie gegen bakterielle Infektionen. Bei Ischämien kann die Beseitigung von Stenosen weiterhelfen. Leider haben Diabetiker oft eine ausgeprägte Mediasklerose, die – im Gegensatz zu einer lokalen Stenose – die Operationsergebnisse verschlechtert.

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