Antidiabetika

SGLT2-Hemmer auch für Typ-1-Diabetiker?

Beim EASD-Kongress wurde die Phase-3-Studie DEPICT-1 zur SGLT2-Hemmung bei Patienten mit Typ-1-Diabetes vorgestellt. Die Ergebnisse machen Hoffnung und die Risiken waren relativ gering.

Von Sarah Louise Pampel Veröffentlicht:

LISSABON. Außer Insulin ist bislang kein Medikament zur Blutzuckersenkung bei Typ-1-Diabetes zugelassen. Zwar zeigte dabei die Wirkung von Metformin in der Studie REMOVAL in die erwünschte Richtung. Aber weder HbA1c-Verbesserung noch Gewichtsreduktion und kardiovaskulärer Schutz konnten darin wirklich überzeugen.

Vielversprechend ist das Prinzip der SGLT2-Hemmer (sodium dependent glucose transporter) die die Glukoserückresorption in den Nieren reduzieren. Dapagliflozin aus dieser Substanzklassen hat es bei Typ-1-Diabetes zusätzlich zu Insulin immerhin schon in die Phase 3 der klinischen Entwicklung gebracht. Erste Ergebnisse der DEPICT-1-Studie hat Professor Paresh Dandona von der State University of New York in Buffalo (USA) beim EASD-Kongress präsentiert. Die Daten wurden gleichzeitig in "Lancet Diabetes & Endocrinology" publiziert (online 14. September).

Teilnehmer der Studie waren 834 erwachsene Typ-1-Diabetiker die nach dem Zufallsprinzip zusätzlich zu Insulin täglich entweder Dapagliflozin 5 mg oder Dapagliflozin 10 mg oder Placebo bekamen. Die Insulindosis wurde um maximal 20 Prozent reduziert. Primärer Endpunkt war der HbA1c-Wert nach 24 Wochen. Alle Patienten erhielten ein kombiniertes Glukose-Ketometer und waren angehalten, mindestens viermal am Tag die Blutglukose zu kontrollieren. Unabhängig davon sollten sie ihre Ketonkörper bei Verdachtsmomenten und an Krankheitstagen prüfen. SGLT2-Hemmer stehen nämlich im Verdacht, Ketoazidosen als sehr seltene unerwünschte Wirkung zu verursachen.

Insulindosis deutlich reduziert

Nach Angaben von Dandona fielen in beiden Verumgruppen die HbA1c-Werte im Vergleich zu Placebo binnen vier Wochen signifikant ab und blieben bis Woche 24 dann relativ stabil (Abfall im Mittel um -0,42 und -045 Prozentpunkte vs. Placebo). Die Insulindosis hatte sich in dieser Zeit im Vergleich zu Placebo um acht Prozent (5 mg Dapa) und 13 Prozent (10 mg Dapa) reduzieren lassen. Dies indiziere einen deutlichen Effekt der Studienmedikation, so Dandona, denn der Therapieerfolg zeige sich jeweils zur Hälfte in der Reduktion von Hyperglykämien und von der Insulindosis.

In beiden Verumgruppen sank das Körpergewicht kontinuierlich mit einem signifikanten Unterschied zu Placebo um zwei bis drei Prozent. Auch erreichten jeweils etwa die Hälfte der Patienten – und damit doppelt so viele wie mit Placebo – den sekundären Endpunkt von einer HbA1c-Senkung um mindestens 0,5 Prozentpunkte ohne schwere Hypoglykämie. Auch wurden glykämische Schwankungen in der kontinuierlichen Glukosemessung dosisabhängig deutlich verringert und die Zeit im Blutzuckerzielbereich erhöht, wie Dandona berichtete.

Ein Ergebnis, das näher zu untersuchen sein wird, sei der relativ starke Abfall der interstitiellen Glukose in den frühen Morgenstunden. Dieser fand sich in allen drei Gruppen, aber deutlich stärker mit dem Gliflozin, und noch bevor die nächste Dosis am Morgen eingenommen wurde.

Unerwünschte Effekte traten in den Verumarmen etwas öfter auf als mit Placebo. Besonders zu erwähnen ist die erhöhte Rate an Genitalinfektionen, Harnwegsinfekte gab es nicht vermehrt. Hypoglykämien, auch schwere, waren in den Verumarmen nicht häufiger als mit Placebo. "Und dies in einer Studie, die groß genug ist, um die Sicherheit des Studienpräparats in dieser Hinsicht zu belegen", sagte Dandona.

Fast identische Ketoazidose-Raten

Anders als von vielen erwartet war auch die Rate an belegten Ketoazidosen in allen drei Studienarmen mit drei (Placebo), vier (5 mg DAPA) und fünf (10 mg DAPA) nahezu identisch. Bis auf einen Fall konnte immer ein Grund zugeordnet werden (Pumpenversagen, Ausfall einer Insulindosis, Alkoholkonsum oder Stress). Außer Dandona zeigte sich auch der unabhängige Kommentator Professor Maciej Malecki, vom Jagiellonian University Medical College in Krakau in Polen sehr zufrieden mit den Studienergebnissen. Er äußerte die Hoffnung auf eine baldige Zulassung von Dapagliflozin bei Typ-1-Diabetes.

Trotzdem seien noch viele Fragen offen, nicht zuletzt die zum Potenzial der Substanz im Langzeitverlauf, im Hinblick auf kardiovaskuläre Ereignisse und bei anderen Patientenkollektiven etwa mit niedrigeren Insulineinstiegsdosen. In DEPICT-1 hatten sie bei 60 IU/d gelegen.

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