Kommentar – Diabetes-Prävention

Bewegung: Die einzige Anti-Aging-Maßnahme mit guten Wirksamkeits-Belegen

Von Experten-Prof. Stephan Martin Veröffentlicht:
Auf den Hunge gekommen: In einer englischen Studie zeigte sich, dass Hundebesitzer eine um 20 Prozent höhere körperliche Aktivität hatten.

Auf den Hunge gekommen: In einer englischen Studie zeigte sich, dass Hundebesitzer eine um 20 Prozent höhere körperliche Aktivität hatten.

© falkjohann / Fotolia

In Düsseldorf fand in den letzten sechs Wochen die Aktion "Düsseldorf bewegt sich" statt. Unter der Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters sind über 1600 Mitarbeiter aus 46 Firmen gegeneinander angetreten und haben versucht, so viele Schritte wie möglich zu sammeln. Die Ergebnisse lassen sich sehen, über eine halbe Milliarde Schritte wurden gesammelt. Diese entsprechen mehr als 380.000 km, also einer Entfernung von der Erde bis zum Mond. Doch was soll eine solche Aktion?

Bewegung ist nach aktuellen Studiendaten das einzige Verfahren, das den Begriff Anti-Aging verdient! So wurde in der PURE-Studie, die aufgrund ihrer Ernährungsergebnisse aktuell heftig diskutiert wird, auch der Zusammenhang von körperlicher Aktivität und Mortalität untersucht (Lancet. 2017; online 21. September). Insgesamt wurden über 140.000 Personen in 17 Ländern über knapp sieben Jahre beobachtet. Im Vergleich zu Personen, die sich pro Woche weniger als 150 Minuten bewegten, sank die Sterblichkeit bei Aktivitäten von 150-750 Minuten um 20 Prozent und bei mehr als 750 Minuten um 35 Prozent. Eine höhere Bewegungsaktivität war zusätzlich mit einer deutlich geringeren Rate an Herz-Kreislaufereignissen wie Herzinfarkt und Schlaganfall verbunden.

Das Risiko für Fettleber sinkt

Prof. Stephan Martin ist Chefarzt für Diabetologie und Direktor des Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrums (WDGZ) in Düsseldorf.

Prof. Stephan Martin ist Chefarzt für Diabetologie und Direktor des Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrums (WDGZ) in Düsseldorf.

© WGDZ

Bewegung hat aber nicht nur Einfluss auf das kardiovaskuläre Risiko, sondern scheint sich zudem positiv auf die Steatosis hepatis auszuwirken. Diese entsteht nicht durch erhöhten Fettkonsum, wie das Beispiel der Gänsestopfleber – bei uns Tierquälerei, in Frankreich Kulturgut – zeigt: Die Tiere werden nämlich mit Maismehl zwangsernährt. Beim Menschen entsteht sie durch freiwillige Aufnahme von Zucker und anderen Kohlenhydraten. Eine aktuelle Beobachtungsstudie aus Brasilien zeigt aber, dass sich auch hier körperliche Aktivität günstig auswirkt (J Gastroenterol Hepatol. 2017, online 30. August). Demnach sinkt das Risiko bei längerer körperlicher Aktivität um 44 Prozent. Doch auch Personen, die später mit Bewegung starten, haben einen deutlichen Fettleberschutz. Betroffene können also ihre Leber nicht nur mit Wasser, sondern auch mit Bewegung überraschen ...

Hund ist ein guter "Personal Trainer"

Für Autos, Rasen mähende Roboter oder elektrische Küchengeräte geben wir viel Geld aus, damit das Leben einfacher wird. Gleichzeitig wird dadurch die körperliche Aktivität weiter reduziert, weshalb wir ein Fitnessstudio oder einen "Personal Trainer" bezahlen. Doch es geht auch kostengünstiger (J Epidemiol Community Health. 2017; online 24. Juli)!

In einer englischen Studie wurde der Einfluss eines Hundes auf die tägliche körperliche Aktivität untersucht. Über 3000 Teilnehmer bekamen einen Schrittzähler und die Ergebnisse wurden in Abhängigkeit davon analysiert, ob ein Hund in dem Haushalt ist. Es zeigte sich, dass Hundebesitzer eine um 20 Prozent höhere körperliche Aktivität hatten, wie Personen aus Haushalten ohne Hund. Gleichzeitig war bei Hundebesitzern die sitzende Tätigkeit um 30 Minuten pro Tag reduziert. Im Mittel waren die Hundebesitzer bei schlechtem Wetter sogar aktiver als Personen ohne Hund an schönen Tagen. Diese Daten zeigen, dass ein Hund nicht nur zum besten Freund des Menschen, sondern auch zum "Personal Trainer" werden kann! Allerdings: Die Aktion "Düsseldorf bewegt sich" hat Beteiligte noch nicht mal das Hundefutter gekostet, denn die Kosten wurden von der BARMER und anderen Firmen getragen.

Bewegung ist kein Selbstläufer mehr, weil sich die Umwelt anders entwickelt. Aktionen wie in Düsseldorf sind nicht die Lösung unseres gesellschaftlichen Problems, sie können aber kleine Puzzlesteine für ein gesünderes Leben sein.

Vielleicht wird aus der Düsseldorfer Aktion in Zukunft "Deutschland bewegt sich", mit Städtevergleichen wie Düsseldorf – Köln oder Mainz –Wiesbaden: Dann geht es nicht mehr um Bewegung, sondern um die Ehre!

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