Mehr tiefe Thrombosen

So gefährlich sind Krampfadern

Krampfadern sollten nicht nur als kosmetisches Problem angesehen werden. Auch wenn die Varizen keine Beschwerden verursachen, bergen sie gesundheitliche Gefahren.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:
Krampfadern-Patienten haben offenbar ein viel höheres Risiko für tiefe Venenthrombosen.

Krampfadern-Patienten haben offenbar ein viel höheres Risiko für tiefe Venenthrombosen.

© Studio217 / stock.adobe.com

TAIWAN. Eine "stark ausgeprägte Varikosis" ist gemäß der aktuellen S3-Leitlinie zur Prophylaxe venöser Thromboembolien zwar ein dispositioneller Risikofaktor, aber einer, der das Risiko für venöse Thromboembolien nur geringfügig erhöht.

Laut einem Forscherteam aus Taiwan gibt es bislang jedoch nur wenige Daten dazu, wie sich das Vorhandensein von Varizen längerfristig auf das Auftreten von Gefäßerkrankungen auswirkt.

Die Studienautoren haben daher jetzt die Versicherungsdaten von mehr als 400.000 Bürgern Taiwans genutzt, um den Zusammenhang zwischen Krampfadern und tiefen Venenthrombosen (TVT), Lungenembolien und peripherer arterieller Verschlusskrankheit (PAVK) über einen längeren Zeitraum zu verfolgen (JAMA 2018; 319(8): 807-817).

Knapp 213.000 Patienten im mittleren Alter von 54 Jahren mit neu diagnostizierten Varizen, davon etwa 70 Prozent Frauen, wurde eine ebenso große Kontrollgruppe ohne Varizendiagnose gegenübergestellt. Ausschlusskriterien waren eine bestehende oder frühere TVT, Lungenembolie oder periphere arterielle Verschlusskrankheit.

Vier- bis fünfmal so viele TVT

Während der Beobachtungszeit von median sieben Jahren wurden in der Varizengruppe 6,55 TVT pro 1000 Personenjahre festgestellt, gegenüber 1,23 in der Vergleichsgruppe. Das TVT-Risiko war damit gut fünfmal so hoch wie ohne Varizen (Hazard Ratio, HR 5,3).

Wurde die Analyse auf Personen beschränkt, die mindestens ein Jahr verfolgt werden konnten, fiel das Risiko etwas geringer aus, betrug aber immer noch das Vierfache von dem der Kontrollgruppe (HR 3,98).

Das ist ein Hinweis, dass das Risiko im ersten Jahr nach der Varizendiagnose besonders hoch war – möglicherweise, weil viele Betroffene erst bei höhergradigem Krampfaderleiden ärztliche Hilfe suchten.

Das TVT-Risiko war, wenn auch unterschiedlich stark, bei beiden Geschlechtern und in allen Altersgruppen erhöht; die größte Risikosteigerung zeigte sich bei den 20- bis 34-Jährigen.

Lungenembolien traten mit einer Rate von 0,48 vs. 0,28 pro 1000 Personenjahre bei Varizenpatienten ebenfalls häufiger auf. Das Risiko war damit um etwa 70 Prozent erhöht (HR 1,73), ohne Unterschied nach Geschlecht oder Alter.

Im selben Ausmaß stieg die Inzidenz der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit: 10,73 vs. 6,22 Fälle pro 1000 Personenjahre, entsprechend einer Risikozunahme um rund 70 Prozent (HR 1,72).

Assoziation mit LE/ PAVK unsicher

Die bei Varikosispatienten beobachteten Risikoanstiege für TVT, Lungenembolien und periphere arterielle Verschlusskrankheit blieben praktisch unverändert erhalten, wenn für eine Vielzahl von Faktoren wie Alter, Geschlecht, Zahl der Arztbesuche, Hypertonie, Diabetes und Krebs adjustiert wurde.

Zu einigen Risikofaktoren, etwa Rauchen und Adipositas, lagen allerdings keine Angaben vor. Tatsächlich scheint die Analyse nicht frei von verzerrenden Einflüssen zu sein: So war das Vorhandensein von Hämangiomen, das als Negativkontrolle untersucht wurde, ebenfalls mit einer leicht erhöhten Rate von TVT verknüpft.

Auch der Falsifikationsendpunkt Hyperlipidämie zeigte eine gewisse Korrelation mit Varizen. Die Studienautoren vermuten daher, dass die nur schwache Assoziation von Varizen mit Lungenembolien sowie peripherer arterieller Verschlusskrankheit auf nicht berücksichtigte verzerrende Einflüsse zurückgehen könnte.

Der Zusammenhang zur TVT sei dagegen so stark, dass dieser durch unbeachtete Störfaktoren nicht erklärt werden könne.

Übrigens: Eine Querschnittsstudie aus Deutschland hatte vor einigen Jahren bei Varizenpatienten eine siebenmal so hohe Prävalenz von TVT gefunden. Und in einer britischen Fall-Kontroll-Studie war das TVT-Risiko in Abhängigkeit vom Schweregrad der Varikosis etwa auf das Zwei- bis Zehnfache erhöht.

Ob die Varikosis ursächlich für die Entstehung von tiefen Venenthrombosen ist oder ob beiden Erkrankungen gemeinsame Risikofaktoren zugrunde liegen, muss nach Angaben der Studienautoren aus Taiwan nun weiter untersucht werden.

Bekannt ist, dass beim Vorliegen von Krampfadern vermehrte entzündliche und prothrombotische Aktivitäten bestehen, die der Entstehung einer tiefen Venenthrombose Vorschub leisten können.

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