Clopidogrel plus Protonenpumpenhemmer: Eine Kombination im Wechselbad der Studien

BOSTON (ob). Patienten, die einer dualen Plättchenhemmung mit Clopidogrel und ASS bedürfen, profitieren von einer Behandlung mit Omeprazol: Das Risiko für gastrointestinale Blutungen wird durch den Protonenpumpenhemmer signifikant verringert.

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Magenschutz mit PPI: Das klappt auch bei dualer Plättchenhemmung.

Magenschutz mit PPI: Das klappt auch bei dualer Plättchenhemmung.

© Sebastian Kaulitzki / fotolia.com

Dafür sprechen die jetzt publizierten Ergebnisse der COGENT-Studie (NEJM online). Die anhaltende Diskussion über eine mögliche Reduktion der kardioprotektiven Wirkung von Clopidogrel als Folge einer Interaktion mit Protonenpumpenhemmern (PPI) dürfte damit aber noch nicht beendet sein.

Bei allen an der COGENT-Studie beteiligten Patienten war eine duale Plättchenhemmung mit Clopidogrel und ASS indiziert. Sie sind randomisiert einer Behandlung mit Clopidogrel plus Omeprazol (75 mg/20 mg als Fixkombination) oder mit Clopidogrel plus Placebo - jeweils zusätzlich zu ASS - zugeteilt worden. Geplant war die Aufnahme von 5000 Patienten in die Studie. Die Insolvenz des Studiensponsors hat aber einen vorzeitigen Abbruch zur Folge. Die Daten von immerhin 3761 Patienten gingen in die Analyse ein.

Primärer Studienendpunkt war eine Kombination von gastrointestinalen Komplikationen wie offene oder okkulte Blutungen, symptomatische Ulzera, schmerzende gastrale Erosionen, Obstruktion oder Perforation. Im Zeitraum von sechs Monaten kam es bei 51 Patienten zu entsprechenden Ereignissen. Im Vergleich zu Placebo reduzierte Omeprazol das Risiko signifikant um 66 Prozent (Inzidenzrate: 1,1 versus 2,9 Prozent). Das Risiko für offene Blutungen im oberen GI-Trakt wurde signifikant um 87 Prozent reduziert.

Nach Angaben der Studienautoren müssen diesen Ergebnissen zufolge 55 Patienten sechs Monate lang mit Omeprazol behandelt werden, um ein gastrointestinales Ereignis zu verhindern.

Keinen Unterschied gab es hingegen im Hinblick auf kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkt, Revaskularisation oder Schlaganfall, deren Häufigkeit - bei einer Gesamtzahl von 109 betroffenen Patienten - in beiden Gruppen nahezu gleich war.

COGENT ist die erste prospektive placebokontrollierte Studie, die protektive Wirkungen einer PPI-Therapie bei Patienten mit dualer Plättchenhemmung dokumentiert. Ob damit nun der Weg frei ist, dass künftig alle mit Clopidogrel und ASS behandelten Patienten routinemäßig auch eine PPI-Therapie erhalten, darf bezweifelt werden. Denn die Diskussion über die Clopidogrel / PPI-Kombination ging in jüngster Zeit genau in die konträre Richtung. nämlich hin zu Empfehlungen, bei der Verordnung dieser Kombination kritisch und zurückhaltend zu sein.

Als Grund dafür werden mögliche negative klinische Auswirkungen einer solchen Kombination genannt. Clopidogrel ist ein inaktives Pro-Drug, das erst über das Cytochrom-P450-Enzymsystem in den aktiven Metaboliten umgewandelt werden muss. Von besonderer Bedeutung scheint dabei das Isoenzym CYP2c19 zu sein, das durch PPI wie Omeprazol gehemmt wird. Dies könnte wiederum eine Hemmung der metabolischen Aktivierung von Clopidogrel zur Folge haben. Allerdings sind auch Einwände dagegen erhoben worden, dass es sich dabei um einen Klasseneffekt der PPI handelt.

Ex-Vivo-Tests lieferten in der Tat Hinweise darauf, dass PPI den plättchenhemmenden Effekt von Clopidogrel abschwächen können. Die Frage, ob daraus auch eine klinisch relevante Abschwächung der kardioprotektiven Wirkung von Clopidogrel resultiert, ist jedoch noch ungeklärt. Ergebnisse einiger - aber nicht aller - Beobachtungsstudien legen eine Interaktion von Clopidogrel und PPI nahe, sind jedoch wegen methodischer Schwächen mit Vorsicht zu betrachten.

Angesichts der kontroversen Datenlage haben jüngst auch die Autoren einer großen prospektiven Vergleichsstudie (TRITON-TIMI 38) ihre Daten daraufhin analysiert, ob sich ein mit der PPI-Therapie assoziiertes Risiko bestätigen lässt. In der Studie sind die beiden Plättchenhemmer Clopidogrel und Prasugrel bei 13 600 Patienten mit akutem Koronarsyndrom verglichen worden. Ein Drittel aller Studienteilnehmer erhielt gleichzeitig eine PPI-Behandlung. Die Analyse ergab keine Anhaltspunkte dafür, dass die PPI-Behandlung einen ungünstigen Effekt auf die Rate kardiovaskulärer Ereignisse - weder im Falle von Clopidogrel noch von Prasugrel.

Noch ist eine abschließende Bewertung nicht möglich. Dazu bedarf es einer Prüfung in prospektiven randomisierten Studien wie COGENT. COGENT allein reicht zur definitiven Klärung aber wohl nicht aus.

Originalstudie "Clopidogrel with or without Omeprazole in Coronary Artery Disease"

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