Neue PAVK-Leitlinien

Mehr als nur Problem des Raucherbeins!

Ende August sind neue europäische Leitlinien zum Management bei Patienten mit peripheren arteriellen Erkrankungen wie PAVK veröffentlicht worden. Bei den DGK-Herztagen 2017 in Berlin waren diese Behandlungs-Leitlinien auch unter den Kardiologen ein Thema.

Peter OverbeckVon Peter Overbeck Veröffentlicht:
PAVK – Eine verbreitete wie unterschätzte Gefäßerkrankung. Sie geht mit einem hohen Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen einher.

PAVK – Eine verbreitete wie unterschätzte Gefäßerkrankung. Sie geht mit einem hohen Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen einher.

© Bergringfoto/stock.adobe.de

BERLIN. In Deutschland leiden rund 4,5 Millionen Menschen unter einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK). Diese ebenso verbreitete wie unterschätzte Gefäßerkrankung gehe mit einem hohen Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen wie KHK und Schlaganfall einher, die der Hauptgrund für die hohe Sterblichkeit bei PAVK-Patienten seien, betonte Professor Christiane Tiefenbacher aus Wesel, Tagungspräsidentin der DGK-Herztage 2017.

Etwa ein Drittel der PAVK-Patienten weist eine koronare Herzerkrankung auf, jeder Dritte hat Veränderungen an der Halsschlagader und somit ein erhöhtes Schlaganfallrisiko. Die Sekundärprophylaxe zur Senkung des kardiovaskulären Risikos gewinnt daher neben der spezifischen Behandlung der peripheren Gefäßerkrankung immer mehr an Bedeutung. "Es geht bei PAVK nicht nur um die Beine, sondern auch um das Herz und das Gehirn", konstatierte Tiefenbacher bei den DGK-Herztagen.

Management im "Gefäßteam"

Ende August 2017 hat die European Society of Cardiology (ESC) gemeinsam mit der European Society for Vascular Surgery (ESVS) erarbeitete neue Behandlungsleitlinien veröffentlicht. Darin wird gleich zu Beginn in einer grundlegenden Empfehlung ein multidisziplinäres Behandlungskonzept vorgeschlagen: Demnach sollte in Zentren zur Versorgung von Patienten mit peripheren arteriellen Erkrankungen am besten ein "Gefäßteam" aus Kardiologen, Angiologen und Gefäßchirurgen gebildet werden. Dieses Team sollte dann darüber entscheiden, welche Behandlung im individuellen Fall für den Patienten die beste ist.

Aufgrund des generalisierten Charakters der vaskulären Atherosklerose wird auch empfohlen, bei Patienten mit PAVK systematisch darauf zu achten, ob Anzeichen für eine koronare Herzerkrankung oder eine Herzinsuffizienz bestehen. Umgekehrt sollte bei Patienten mit entsprechenden Herzerkrankungen untersucht werden, ob auch eine PAVK vorliegt. Als relativ einfach durchzuführende Methode wird dazu eine Messung des Knöchel-Arm-Indexes (ABI, "ankle brachial index") empfohlen .

Statine für alle Patienten mit PAVK

Aufgrund ihres erhöhten kardiovaskulären Risikos sollten alle Patienten mit PAVK eine lipidsenkende Behandlung mit einem Statin erhalten. Von dieser Therapie verspricht man sich zudem Verbesserung der Gehstrecke. Die neuen Leitlinien empfehlen eine Senkung des LDL-Cholesterins auf Werte < 70 mg/dl oder um mindestens 50 Prozent in Relation zum LDL-Ausgangswert.

Die Behandlung mit Thrombozytenhemmern wird im Allgemeinen nur bei Patienten mit symptomatischer peripherer arterieller Erkrankung empfohlen. Eine Ausnahme wird aber bei Patienten mit asymptomatischen Karotisstenosen gemacht, bei denen eine entsprechende Therapie (in der Regel mit ASS in niedriger Dosierung) in Betracht gezogen werden kann (IIa-Empfehlung).

Im Fall einer PAVK ist eine längerfristige antithrombozytäre Monotherapie durchweg nur bei symptomatischen Patienten indiziert. Neu sei, dass diesbezüglich Clopidogrel als besser wirksam angesehen wird als ASS, so Tiefenbacher.

Als Behandlungsmethode bei Verengungen der Karotisarterien wurde die Katheter-gestützte Stent-Implantation gegenüber chirurgischen Eingriffen aufgewertet. So sollte bei asymptomatischen Karotisstenosen ein Stent bevorzugt werden, wenn das Operationsrisiko der Patienten als hoch einzuschätzen ist. "Daten zum Langzeitverlauf haben gezeigt, dass zwischen den beiden Methoden kein Unterschied beim Outcome besteht, allerdings ist die Stent-Implantation weit schonender", sagte Tiefenbacher in Berlin.

Bei der Behandlung von Stenosen in den unteren Extremitäten wird ein differenziertes Vorgehen empfohlen. "Viele Engstellen können mittels moderner Kathetertechnologie für den Patienten schonend behandelt werden. In komplexen Situationen, etwa bei starkem Verkalkungsgrad, sollten aber auch operative Verfahren zum Zuge kommen", berichtete Tiefenbacher.

Eine Kathetertherapie sollte nur in Zentren zum Einsatz kommen, an denen sehr erfahrene Experten tätig sind. "Ist der Zustand der Venen im Unterschenkel gut, kann auch eine Bypassoperation, bei der Venen als Überbrückung der verschlossenen Arterien dienen, durchgeführt werden. Die Ergebnisse sind hier besser geworden", so Tiefenbacher.

Weitere Informationen zur Kardiologie: www.springermedizin.de

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