Studie

Große und dicke Menschen haben es schwer bei Vorhofflimmern

Sowohl Körpergröße als auch -gewicht beeinflussen das Risiko für Vorhofflimmern: Besonders große und dicke Menschen erkranken dreifach häufiger als eher dünne oder kleine Zeitgenossen.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Die Körperoberfläche ist offenbar stark assoziiert mit dem Risiko, an Vorhofflimmern zu erkranken.

Die Körperoberfläche ist offenbar stark assoziiert mit dem Risiko, an Vorhofflimmern zu erkranken.

© Dave / Fotolia

UPPSALA. Die Gefahr, an Vorhofflimmern zu erkranken, wird bekanntlich von kardiovaskulären Risikofaktoren wie Hypertonie, Diabetes, Adipositas oder übermäßigem Alkoholkonsum mitbestimmt. Es gibt aber auch Hinweise, wonach Körpergröße und Gewicht unabhängig vom BMI dieses Risiko beeinflussen.

Ein Team um Dr. Kasper Andersen von der Universität in Uppsala ist solchen Hinweisen anhand schwedischer Musterungsdaten nachgegangen. Danach tragen besonders große und schwere Menschen tatsächlich ein besonders hohes Risiko für Vorhofflimmern (J Intern Med 2017: online 25. Dezember).

Für seine Analyse hat das Team um Andersen Angaben von rund 1,1 Millionen schwedischen Männern ausgewertet, die zwischen 1972 und 1995 zur Musterung einbestellt worden waren. Neben Gewicht und Größe wurden dabei auch die körperliche Leistungsfähigkeit anhand eines Ergometertests sowie die Handgriffstärke bestimmt. Letztere korreliert recht gut mit dem Muskelmasseanteil und dem kardiovaskulären Risiko.

Korrelation Größe und Oberfläche

Ergebnisse einer Schwedischen Studie

» Männer mit einer Größe von mehr als 185 cm erkrankten 2,8-fach häufiger an Vorhofflimmern als solche unter 174 cm.

» Männer mit einem Gewicht über 77 kg erkrankten ebenfalls 2,8-fach häufiger an Vorhofflimmern als solche mit niedrigem Gewicht.

» Männer mit einer Körperoberfläche von über 2 m2 erkrankten 3,2-fach häufiger an Vorhofflimmern als solche mit einer Oberfläche von weniger als 1,8 m2 Körperoberfläche.

Nach im Median 26 Jahren schauten die Forscher, wie häufig die Männer – nunmehr 44 Jahre alt – an Vorhofflimmern erkrankt waren. Dazu suchten sie nach Angaben in diversen schwedischen Patientenregistern. Sie fanden bei knapp 10.000 der Männer Angaben zu einer Krankenhauseinweisung aufgrund eines Vorhofflimmerns. Zwei Drittel von ihnen hatten zu diesem Zeitpunkt keine weiteren bekannten Begleiterkrankungen.

Die Patienten mit Vorhofflimmern waren bei der Musterung im Schnitt 2 cm größer und 3 kg schwerer als Männer ohne eine solche Erkrankung, auch lag der BMI um einen halben Punkt höher. Die körperliche Leistungsfähigkeit im Ergometertest war mit 267 versus 274 Watt etwas geringer, dafür schnitten die später an Vorhofflimmern erkrankten Männer bei der Handgriffstärke etwas besser ab (633 versus 616 Newton).

Solche Unterschiede erscheinen auf den ersten Blick wenig dramatisch, werden jedoch die einzelnen Quintilen betrachtet, so offenbart sich eine exponentielle Zunahme des Risikos für ein Vorhofflimmern vor allem für die Körpergröße: Männer mit einer Größe von mehr als 185 cm erkrankten 2,8-fach häufiger als solche unter 174 cm.

 Wurde das bei größeren Menschen höhere Gewicht mitberücksichtigt, war die Rate immer noch doppelt so hoch. Weitere Adjustierungen für die Handgriffstärke und die Leistungsfähigkeit im Ergometertest hatten auf das Resultat hingegen keinen signifikanten Einfluss. Die Körpergröße scheint also unabhängig von der Fitness das Risiko für ein Vorhofflimmern zu erhöhen.

Männer mit einem Gewicht über 77 kg erkrankten ebenfalls 2,8-fach häufiger an Vorhofflimmern als solche mit niedrigem Gewicht (unter 62 kg). Nach Berücksichtigung der Größe war die Rate noch verdoppelt, allerdings wurde der Zusammenhang weiter geschwächt, wenn die Ärzte um Andersen auch Handgriffstärke und Ergometertests berücksichtigten. Der BMI allein war hingegen nur schwach mit Vorhofflimmern assoziiert.

Vergrößerter Vorhof das Problem?

Am deutlichsten war die Rate für Vorhofflimmern mit der Körperoberfläche assoziiert. Menschen mit einer großen Oberfläche sind in der Regel beides: besonders groß und besonders dick. Wie die Wissenschaftler feststellten, erkrankten Männer mit einer Körperoberfläche von über 2 m2 insgesamt 3,2-fach häufiger an Vorhofflimmern als solche mit einer Oberfläche von weniger als 1,8 m2. Handgriffstärke und die Ergometerleistung hatten hier kaum Einfluss.

 Rein rechnerisch ergibt sich für Menschen mit einer Körperoberfläche von 2,4 m2 sogar ein elffach erhöhtes Risiko für Vorhofflimmern. Solche Menschen wiegen bei einer Körpergröße von 2 m rund 100 kg und sind mit einem BMI von 25 noch nicht einmal dick. Auf eine ähnliche Oberfläche kommen Personen mit einem Gewicht von 120 kg bei 180 cm Größe, diese sind mit einem BMI von 37 aber bereits schwer adipös.

Das Team um Andersen begründet das erhöhte Risiko besonders großer und dicker Menschen mit einem vergrößerten Vorhof sowie einem erhöhten Auswurfvolumen. Das Risiko, an Vorhofflimmern zu erkranken, hänge nach Resultaten vieler anderer Studien auch von solchen Faktoren ab.

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