Kardiologen warnen

Freizeitsportler gefährden immer öfter ihre Herzgesundheit mit Doping

Fast jeder sechste Freizeitsportler nimmt inzwischen herzschädigende Arzneimittel zur Verbesserung von Fitness und Körperoptik, warnt der Bundesverband Niedergelassener Kardiologen. Vor allem der Anteil weiblicher User steigt.

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Der stereotypische Muskelmann aus Pillen. Doch immer mehr Frauen betreiben Doping im Freizeitsport.

Der stereotypische Muskelmann aus Pillen. Doch immer mehr Frauen betreiben Doping im Freizeitsport.

© malp / stock.adobe.com

MÜNCHEN. Über zehn Millionen Menschen in Deutschland sind Mitglied in Fitness-Studios – Tendenz steigend. Bis zu 16 Prozent von ihnen haben Erfahrungen mit dem Konsum von Dopingsubstanzen, berichtet der Bundesverband Niedergelassener Kardiologen (BNK) und warnt: "Dieser Medikamentenmissbrauch im Freizeitsport ist mit großen Risiken für die Herzgesundheit verbunden."

Unter den Usern seien auch zunehmend Frauen: Ein aktueller Studienvergleich habe ein Wachstum von 1 Prozent mehr männlichen, aber 6 Prozent mehr weiblichen Usern ergeben.

Der klassische Doping-Einstieg erfolgt in einer Gemeinschaft mit Gleichgesinnten vor allem in Fitness-Studios oder in Trainingsgruppen. Langsam bildet sich dort eine Gruppenmentalität heraus, in der das Zuführen von Stoffen zur Leistungssteigerung zur Normalität wird.

Zu Beginn sind es vermeintlich harmlose Nahrungsergänzungsmittel. Es folgen auf der nächsten Ebene dann Arzneimittel aus der Humanmedizin wie Ephedrin, Clenbuterol, Anabolika oder Wachstumshormone. Nicht selten werden – preisgünstigere – Tierarzneien konsumiert.

Der Körper gewöhnt sich zunehmend an diese Substanzen, eine Steigerung der Dosis ist die Folge. Am Ende resultiert dann nicht selten neben der Sucht nach leistungssteigernden Substanzen eine Betäubungsmittelsucht (etwa Kokain, Marihuana).

Hypertrophie und Herzinsuffizienz

Der Langzeitgebrauch von anabolen Steroiden hat beträchtliche Folgen für das Herz, erinnert der BNK in seiner Mitteilung. Testosteron etwa führt in Verbindung mit Sport zur Herzhypertrophie. Gleichzeitig werden aber nicht mehr Blutgefäße gebildet, sodass eine relative Unterversorgung mit Sauerstoff die Folge ist.

Dies bereitet besonders im Rahmen von Belastungen Probleme. Es kommt zu Nekrosen und Herzinsuffizienz. Diese Veränderungen konnten im Tiermodell nachgewiesen werden. Außerdem wird durch Testosteron das Verhältnis von HDL- zu LDL-Cholesterin nachteilig verändert.

Dies mündet in einer Zunahme der Atherosklerose, die wiederum das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle erhöht. Beide Erkrankungen werden auch durch die blutdrucksteigernde Wirkung von Testosteron begünstigt.

Kokain lässt schon das Herz von jungen Menschen schädigen

Kokain kann Spasmen der Koronarien hervorrufen. Dadurch können schon junge Menschen einen Herzinfarkt erleiden. Clenbuterol begünstigt wie auch Testosteron Herzrhythmusstörungen. Darüber hinaus sind beim missbräuchlichen Konsum von Steroiden und anderen Dopingsubstanzen zahlreiche weitere Nebenwirkungen hoch wahrscheinlich. Dazu zählen etwa Steroidakne und Leberzirrhose sowie Hodenatrophie oder Klitorishypertrophie.

Hinzu kommen bei vielen Betroffenen psychische Veränderungen wie Depression oder zunehmende Aggressivität sowie Schlafstörungen.

Auch Ernährung spielt im Fitness-Training eine große Rolle mit teils drastischen Ausmaßen. Körpermodellierer ernähren sich im Verlauf ihres sportbiographischen Werdegangs immer funktionaler. Appetitzügler und Abführmittel sind weit verbreitet. Um den Stoffwechsel im Rahmen der Diät weiter anzuheizen, greifen die Sportler zu Fatburnern, Grünteekapseln, L-Carnitin und anderen Nahrungsergänzungspräparaten.

"Verführerische Synergieeffekte"

"Der Einsatz von Diäten zusammen mit bestimmten Dopingsubstanzen ergibt zudem vermeintlich verführerische Synergieeffekte", erklärt Dr. Mischa Kläber, Ressortleiter für Präventionspolitik und Gesundheitsmanagement beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) in der BNK-Mitteilung.

"Der Körper baut gleichzeitig Muskeln auf und Fett ab. Wir beobachten aktuell besonders unter jungen Frauen den vermehrten Konsum von körperfettsenkenden Substanzen wie Clenbuterol und Ephedrin." Die Gefahr: Die Sporternährung kann komplett aus dem Ruder laufen mit einem erhöhten Risiko für Frauen, an Anorexie oder Bulimie zu erkranken.

Bei der Nationalen Anti Doping Agentur und dem DOSB können Betroffene professionelle Hilfestellung für ihren Weg aus dem Medikamentenmissbrauch erhalten. (eb)

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