Metaanalyse

Vom guten Ei und dem schlechten Cholesterin

Langlebige Debatte um das richtige Frühstück: Die Bedeutung des Nahrungscholesterins für kardiovaskuläre Erkrankungen ist in den vergangenen Jahren herabgestuft worden. Möglicherweise zu Unrecht, wie eine Analyse prospektiver Studien jetzt nahelegt.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:
Ei in Herzform. Je mehr Eier verzehrt wurden, desto höher war das Risiko für kardiovaskulär bedingte Todesfälle in einer Metaanalyse.

Ei in Herzform. Je mehr Eier verzehrt wurden, desto höher war das Risiko für kardiovaskulär bedingte Todesfälle in einer Metaanalyse.

© gitusik / stock.adobe.com

CHICAGO. „Es gibt keine ausreichende Evidenz, um zu entscheiden, ob die Reduktion des Ernährungscholesterins das LDL-Cholesterin senkt“, heißt es in den Lebensstil-Leitlinien der US-amerikanischen Kardiologengesellschaften von 2013. In den US-amerikanischen Ernährungsleitlinien von 2015, wiewohl sie eine cholesterinarme Ernährung empfehlen, findet sich sogar der Hinweis, dass Cholesterin auch in größeren Mengen zugeführt nicht bedenklich sei.

Diese Position wurde durch die bislang jüngste Metaanalyse von prospektiven Studien gestützt. Denn dort war kein stringenter Zusammenhang zwischen Nahrungscholesterin, Serum-LDL-Spiegel und kardiovaskulären Erkrankungen zu erkennen (Am J Clin Nutr 2015; 102: 276–294).

Versucht, Fehlerquellen im Studiendesign zu eleminieren

Ein Problem solcher Analysen ist allerdings, dass stark cholesterinhaltige Lebensmittel oft auch reich an gesättigten und tierischen Fetten sind. Außerdem hat sich gezeigt, dass Menschen, die reichlich Eier verspeisen, häufig weitere ungesunde Verhaltensweisen an den Tag legen. Diese Fehlerquellen haben die Autoren einer weiteren Metaanalyse durch entsprechende Adjustierungen und Subanalysen jetzt zu eliminieren versucht.

Das dürfte auch der Grund sein, warum die Ärzte um Victor Zhong von der Northwestern University in Chicago nun doch einen monotonen Zusammenhang gefunden haben: Je höher der Konsum von Eiern beziehungsweise Cholesterin war, desto höher fiel auch das Risiko für Herzkreislauferkrankungen und Tod aus (JAMA 2019; 321(11): 1081-1095).

Ausgewertet wurden die individuellen Daten von fast 30.000 Teilnehmern aus sechs prospektiven Kohorten. Während der Beobachtungszeit von median 17 Jahren kam es zu 5400 kardiovaskulären Ereignissen (CVD, cardiovascular disease) und 6132 Todesfällen.

Pro 300 mg Cholesterin, die am Tag zusätzlich zugeführt wurden, erhöhte sich das CVD-Risiko relativ um 17 Prozent (absolut 3,2 Prozent), das Sterberisiko stieg um 18 Prozent (absolut 4,4 Prozent). Ein halbes Ei mehr pro Tag korrelierte mit einem Plus von 6 Prozent (absolut 1,1 Prozent) beim CVD- und einem Plus von 8 Prozent (absolut 1,9 Prozent) beim Sterberisiko.

Cholesterin ist wohl das Problem

Die Assoziationen mit dem Eierverzehr wurden jedoch statistisch irrelevant, wenn der Cholesteringehalt der Ernährung rechnerisch abgeglichen wurde – ein deutlicher Hinweis darauf, dass tatsächlich das im Ei enthaltene Cholesterin (etwa 186 mg pro 50-g-Ei) zu CVD/Tod beigetragen hat.

Mit steigender Zufuhr von Cholesterin beziehungsweise Eiern erhöhte sich das Risiko für kardiovaskulär bedingte Todesfälle, aber auch für den Tod aus anderen Ursachen. Die Korrelation zwischen cholesterinreicher Diät und CVD/Tod bestand unabhängig vom Fettgehalt und von der Qualität der übrigen Ernährung.

Zhong und seine Kollegen warnen daher, dass die jetzigen US-amerikanischen Ernährungsleitlinien zu einem weiteren Anstieg des Ei- und Cholesterinkonsums bei US-Amerikanern beitragen und damit der angestrebten CVD-Prävention zuwiderlaufen könnten. In künftigen Leitlinienversionen sollten die Ergebnisse ihrer Metaanalyse berücksichtigt werden. Selbst bei einer ansonsten gesunden Ernährung sei zu empfehlen, die Cholesterinzufuhr möglichst gering zu halten.

Dazu rät die DGE:

  • Um das Risiko für Adipositas und Fettstoffwechselstörungen zu senken, sollte nicht zu viel Fett verzehrt werden.
  • Gesättigte Fettsäuren durch mehrfach ungesättigte Fettsäuren zu ersetzen und möglichst wenig trans-Fettsäuren zuzuführen, reduziert das Risiko für Fettstoffwechselstörungen und koronare Herzkrankheiten.
  • Das bedeutet: Weniger tierische Produkte wie Fleisch und Wurstwaren; fettarme Varianten – mit Ausnahme von Fisch – bevorzugen; pflanzliche Öle wie Raps- und Walnussöl sowie fetten Fisch verzehren; viel Gemüse, Obst und Vollkornprodukte essen; trans-Fettsäuren-reiche Lebensmittel wie Pommes frites und Backwaren aus Blätterteig vermeiden.

Mehr Infos bietet die DGE auf: www.dge.de

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