Bei den Gefäßstents beginnt jetzt eine neue Ära

BERLIN (gvg). Mit Medikamenten beschichtete Gefäßstents werden bald auch in Deutschland der Versorgungsstandard bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung sein. Davon ist der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, Professor Rainer Dietz, überzeugt.

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Es sehe so aus, als ob sich die Kardiologie am Ende der Ära der "bare metal stents", also der herkömmlichen, unbeschichteten Stents befinde, so Dietz bei einem Symposium des regionalen Kardiologennetzwerks InnoKardio in Berlin.

Daß die innovativen, mit zytostatischen Substanzen beschichteten Stents in Deutschland noch nicht sehr weit verbreitet seien, liege allein daran, daß die große Mehrheit der Krankenkassen sie derzeit nicht erstatte, so Dietz auf der von Boston Scientific unterstützten Veranstaltung. Das Unternehmen stellt den mit der Substanz Paclitaxel beschichteten Stent Taxus™ her.

Durch die Beschichtung kann die Häufigkeit von letztlich durch die Reizung der Gefäßwand verursachten erneuten Gefäßverengungen in den Stents (Restenosen) zumindest in den ersten zwei bis drei Jahren auf wenige Prozentpunkte gesenkt werden. Langzeitdaten fehlen noch. Lediglich mit einer kleineren Studie wird derzeit ein Zeitraum von vier Jahren überblickt. Die schützende Wirkung hält hier weiter an. Bei unbeschichteten Stents kommt es etwa bei jedem dritten Patienten zu einer Restenose, überwiegend in den ersten Monaten.

      Bei 80 Prozent der Dilatationen wird ein Stent eingesetzt.
   

Für Dr. Michael Gross, den Leiter des Katheterlabors an der Charité Berlin, Campus Buch, sind die bisherigen Ergebnisse mit den neuen Stents beeindruckend: "Es kommt zu einer starken Reduktion der neointimalen Hypertrophie und zu einer signifikanten Verringerung der kardiovaskulären Ereignisse", so Gross in Berlin. So lag in der Taxus IV-Studie die Rate der erneuten perkutanen Interventionen oder Bypaßoperationen bei Verwendung eines mit Paclitaxel beschichteten Stents nach neun Monaten bei 4,7 Prozent, im Vergleich zu zwölf Prozent in der Kontrollgruppe, in der herkömmliche Stents eingesetzt wurden. Nach zwei Jahren waren es zehn Prozent in der Gruppe mit beschichteten Stents und 21 Prozent in der Kontrollgruppe.

Zunehmend würden in den Studien auch Patienten mit komplexeren Gefäßveränderungen und die für eine Restenoseentwicklung besonders gefährdeten, insulinabhängigen Diabetiker berücksichtigt. Entsprechende Subgruppenanalysen deuteten darauf hin, daß Diabetiker überdurchschnittlich von den beschichteten Stents profitierten, so Gross. Dietz warnte in diesem Punkt allerdings vor zu großer Euphorie. Gerade bei Diabetikern seien noch weitere Studien nötig, unter anderem weil die in den großen Studien verwendeten Kontrollstents nicht optimal gewählt worden seien.

Wie sehr Deutschland bei der Verwendung beschichteter Stents international hinterherhinkt, zeigen Verkaufszahlen der Hersteller von Stents aus dem letzten Quartal 2003. Sie wurden von Professor Dietrich Andresen von den Vivantes Kliniken "Am Urban" und "Berlin-Friedrichshain" präsentiert. Demnach waren in Deutschland Ende 2003 nur sieben Prozent aller implantierten Stents mit Medikamenten beschichtet. In Großbritannien, Spanien, Skandinavien und den Niederlanden war es jeder dritte. In Österreich betrug die Quote 40 Prozent, in Portugal und der Schweiz sogar 60 Prozent.

Deutschland ist ein wichtiger Markt für Stentproduzenten, weil die deutschen Kardiologen mit insgesamt etwa 225 000 perkutanen Interventionen pro Jahr als ausgesprochen implantierfreudig gelten. Vier von fünf Interventionen an den Koronargefäßen beinhalten eine Stentimplantation.

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