Stabile KHK: Koronarintervention bringt nicht viel

Bei stabiler KHK hat eine Koronarintervention mit Stentimplantation weder prognostische noch symptoma tische Vorteile gegenüber einer optimalen medikamen tösen Therapie, so das Ergebnis einer neuen Metaanalyse.

Von Dirk Einecke Veröffentlicht:

MÜNCHEN. Soll man Koronarstenosen bei stabiler KHK mit dem Ballon aufdehnen und die Gefäßerweiterung mit einem Stent stabilisieren?

Dies ist eine immer wieder diskutierte Streitfrage zwischen Interventionalisten und konservativen Kardiologen oder Internisten.

Ältere Metaanalysen sahen als Option eher die Koronarintervention im Vorteil. Dies führte dazu, dass immer mehr Koronareingriffe bei stabiler KHK durchgeführt wurden.

Das Manko dieser älteren Daten bestand aber darin, dass sich seither sowohl die konservative KHK-Therapie als auch die interventionelle Behandlung weiterentwickelt und verbessert haben.

Studien spiegeln aktuellen Therapiestandard wider

Vor diesem Hintergrund hat nun eine Autorengruppe der State University in New York eine neue Metaanalyse durchgeführt.

In dieser Studie wurden acht Studien mit insgesamt 7229 Patienten berücksichtigt: fünf Studien, in denen die stabile KHK der Patienten durch Stresstests diagnostiziert worden war, sowie drei Studien mit Patienten nach Herzinfarkt (Arch Intern Med 2012; 172: 312).

Darunter waren bekannte und viel diskutierte Studien wie COURAGE, OAT und BARI 2D. Im Vergleich zu früheren Metaanalysen erfolgte die konservative Therapie in diesen Studien auf dem neuesten Stand, und bei der interventionellen Therapie wurde fast immer ein Stent implantiert.

Nach einer durchschnittlichen Beobachtungszeit von 4,3 Jahren zeigten sich bezüglich prognostischer und symptomatischer Parameter keine Unterschiede zwischen der interventionell und konservativ behandelten Gruppe: 322 (8,9 Prozent, Stentgruppe) versus 327 Patienten (9,1 Prozent, Medikamentengruppe) starben, 8,9 Prozent (Stentgruppe) versus 8,1 Prozent der Patienten erlitten einen nicht-tödlichen Herzinfarkt.

21,7 Prozent versus 30,7 Prozent der Patienten mussten sich einer ungeplanten Revaskularisation unterziehen, numerisch ein Vorteil für die Koronarintervention, aber statistisch kein signifikanter Unterschied.

Die pektanginöse Symptomatik persistierte bei 29 Prozent (Stentgruppe) beziehungsweise 33 Prozent (Medikamentengruppe).

Sind Einsparungen in Milliardenhöhe möglich?

Für den Leiter der neuen Metaanalyse, Dr. David Brown aus New York, sprechen diese Ergebnisse dafür, dass die Fortschritte in der konservativen Therapie größer sind als in der interventionellen Therapie mit der Entwicklung von der reinen Dilatation zur Stentbehandlung.

Sein Fazit: Die initiale Stentimplantation bei Diagnose einer stabilen KHK bietet gegenüber einer guten medikamentösen Therapie keine Vorteile, auch nicht in symptomatischer Hinsicht.

Dr. William Boden aus New York betont in einem begleitenden Editorial, dass die Gesamtschau der wissenschaftlichen Evidenz bei KHK keine Überlegenheit für die perkutane Koronarintervention bei stabiler KHK zeige. Für die meisten Patienten sei daher eine konsequente medikamentöse Therapie die erste Wahl.

Doch obgleich die Leitlinien nach Publikation der Daten der COURAGE- und OAT-Studien bei stabiler KHK ein konservatives Vorgehen empfehlen, habe sich in der Praxis in den letzten Jahren noch wenig verändert.

Milliarden Dollar könnten gespart werden, so Boden, wenn die Indikation zum interventionellen Vorgehen zurückhaltender gestellt würde.

Experte sieht Indikationen auch bei stabilen Patienten

Ganz so schwarz-weiß sei die Welt bei stabiler KHK aber nicht, sagte der Vorsitzende der amerikanischen Gesellschaft der interventionellen Kardiologen (SCAI), Dr. Ted Bass aus Jacksonville in Florida dem Kardiologen-Portal "heartwire".

Es sei den Interventionalisten sehr wohl bewusst, dass Herzkathetereingriffe bei akuten Koronarsyndromen die Prognose verbessern, nicht jedoch bei chronischer stabiler KHK.

In einer kürzlich veröffentlichten nationalen Registerstudie seien nur 11,6 Prozent aller elektiven Eingriffe bei KHK als unangemessen, das heißt als eindeutig nicht indiziert eingestuft worden.

Laut Bass gibt es durchaus Indikationen für eine interventionelle Behandlung auch bei Patienten mit nicht-akuter KHK, wenn diese etwa unter einer medikamentösen Therapie nicht beschwerdefrei werden.

Schließlich behandeln wir Patienten und müssen auch deren Lebensqualität berücksichtigen, betonte Bass.

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