Psychosomatik

Frust, Cortisol, dann KHK

Wenn die Psyche aufs Herz schlägt, ist wohl das Stresshormon Cortisol involviert.

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POTSDAM. Das Stresshormon Cortisol könnte dafür verantwortlich sein, dass Depressionen mit einem erhöhten KHK-Risiko einhergehen und eine KHK bei Depressiven häufiger tödlich verläuft.

Das folgert PD Dr. Christiane Waller von der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Uniklinik Ulm aufgrund eigener Studienergebnisse.

Für ihre Forschungen hat Waller jetzt beim Deutschen Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Potsdam den Roemer Preis des Deutschen Kollegiums für Psychosomatische Medizin erhalten.

"Wir wissen heute, dass psychosoziale Belastungsfaktoren das Risiko für eine KHK ähnlich stark erhöhen wie etwa das Rauchen oder Störungen im Fettstoffwechsel", wird Waller in einer Mitteilung zum Psychosomatik-Kongress in Potsdam zitiert.

"Im Vergleich zu den klassischen Risikofaktoren ist der Einfluss psychosozialer Faktoren lange Zeit unterschätzt worden. Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass Depressionen, beruflicher und privater Stress oder auch der kürzlich zurückliegende Verlust eines geliebten Menschen für etwa jeden dritten Herzinfarkt verantwortlich sind."

Vor allem Depressionen, die aufgrund von chronischem Stress auftreten können, erhöhen das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen.

Und auch Patienten, die bereits an einer koronaren Herzerkrankung (KHK) leiden und eine Depression entwickeln, haben ein deutlich erhöhtes Risiko, früher zu sterben als nicht-depressive Menschen mit Herzleiden.  

Welche Mechanismen diesem Zusammenhang zugrunde liegen, war bislang ungeklärt.

"Cortisol erfüllt bei Stress eine schützende Aufgabe"

Waller und ihr Team unterzogen vier Patientengruppen - Gesunde, Patienten mit KHK, depressive Patienten ohne KHK und depressive Patienten mit KHK - einem sozialen Stresstest (JACC 2016; 67(9): 1124-1126).

Dieser bestand darin, vor unbekanntem Publikum eine freie Rede zu halten und verschiedene schwere Rechenaufgaben zu lösen. Üblicherweise schnellt unter einer solchen Anspannung der Wert des Stresshormons Cortisol im Blut in die Höhe.

"Cortisol erfüllt bei Stress eine wichtige, schützende Aufgabe im Körper: Es wirkt dämpfend auf Entzündungsvorgänge und Autoimmunprozesse", erklärt Waller.

Analysen ergaben: Bei depressiven Menschen ohne KHK lagen die Cortisolwerte am höchsten. Deutlich weniger stiegen die Werte bei KHK-Patienten an. Am geringsten war der Cortisolspiegel bei Patienten, die sowohl Depressionen als auch eine KHK hatten.

"Depressionen gehen mit einer erhöhten Ausschüttung des Stresshormons Cortisol einher", erklärt Waller. "Ein Zuviel des eigentlich schützenden Cortisols führt langfristig allerdings zu vermehrten Fettablagerung in den Gefäßen und zur Arterienverkalkung. Damit steigt für Betroffene, also für Depressive, das Risiko für eine KHK."

Die aktuelle Studie zeigt: Liegt eine KHK vor, verkehrt sich die Cortisolausschüttung - sie nimmt ab. "Warum dies so ist, ist bislang noch nicht geklärt", so Waller.

Folge sei jedoch, dass durch eine verminderte Cortisolausschüttung wiederum entzündliche Prozesse begünstigt werden, die zur Verschlechterung der Herzerkrankung beitragen und das Risiko für akute Gefäßverschlüsse und Herzinfarkte erhöhen.

Nun soll geklärt werden, ob eine Therapie zur Normalisierung des Cortisolspiegels eine KHK günstig beeinflussen kann. (eb)

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