Kardiologen

Bei Herzinfarkt-Symptomen sind Frauen oft zu zögerlich

Frauen rufen zügig den Notarzt, wenn bei ihrem Partner Verdacht auf Herzinfarkt besteht – bei eigenen Herzproblemen tun sie das aber viel später. Mitunter ist das zu spät. Das berichten Kardiologen bei der ESC-Tagung.

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Herzensangelegenheit: Frauen sollten bei akuten Beschwerden am Herzen zügiger den Notarzt anrufen, raten Kardiologen.

Herzensangelegenheit: Frauen sollten bei akuten Beschwerden am Herzen zügiger den Notarzt anrufen, raten Kardiologen.

© Ben-Schonewille / Getty Images

WARSCHAU. Die aktuellen Leitlinien sehen vor, dass nach einem Herzinfarkt (ST-Hebungsinfarkt / STEMI) innerhalb von 90 Minuten nach der Diagnose eine perkutane Koronarintervenetion (PCI) erfolgen soll. Wie diese Empfehlungen je nach Geschlecht und Alter umgesetzt werden, haben polnische Wissenschaftler jüngst untersucht. Die Daten zweier Studien dazu haben sie jetzt auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) im spanischen Malaga vorgestellt.

Sie haben dazu die Daten von über 7000 Patienten mit STEMI analysiert hinsichtlich Beginnt der Symoptme, erstem EKG  und primärer PCI.

Die Ergebnisse einer Posterpräsentation zeigen dabei, dass rund zwei Drittel der Patienten nach Beginn der Beschwerden notfallmäßig direkt einem Zentrum mit PCI-Möglichkeiten zugewiesen wurden – allerdings geschah dies bei jungen Frauen merklich seltener. Bei älteren Patienten war die Zeit zwischen erstem EKG und PCI länger als bei jüngeren.

Fazit der Wissenschaftler: Frauen und ältere Patienten mit STEMI erhalten seltener eine perkutane Koronarintervention im empfohlenen Zeitfenster. Generell sei auffällig: Während Frauen zügig den Notarzt anrufen, wenn bei ihrem Partner Verdacht auf Herzinfarkt besteht – tun sie das bei eigenen Herzproblemen viel zögerlicher. Trotz Beschwerden würden sie oft Verpflichtungen in Haushalt und Familie voranstellen.

„Wir hören immer wieder, dass diese Verantwortlichkeiten Frauen davon abhalten, rechtzeitig einen Krankenwagen zu rufen“, sagte Professor Mariusz Gasior vom Polnischen Register für Akute Koronarsyndrome (PL-ACS) laut einer ESC-Mitteilung.

Dass insbesondere bei jüngeren Frauen mit Herzinfarkt seltener im empfohlenen Zeitraum eine Behandlung erfolgte als bei Männer mit denselben Beschwerden, führen die Kardiologen unter anderem auf eine mangelnde Aufklärung über Herzerkrankungen bei Frauen zurück.

Die Ergebnisse, die auf dem PL-ACS basieren, wurden mit Blick auf den Weltfrauentag am 8. März vorgestellt, der unter dem Motto „Balance for Better“ dazu aufruft, die Gleichstellung der Geschlechter weltweit zu fördern.

Ähnliche Daten aus Deutschland

Die Deutsche Herzstiftung erinnert in diesem Zusammenhang auch an eine ähnliche deutsche Untersuchung – allerdings waren hier vor allem ältere Frauen im Nachteil. Denn danach vergehen bei über 65-jährigen Frauen bis zu viereinhalb Stunden, bis sie in der Notaufnahme sind. Bei jüngeren Frauen dauert es durchschnittlich zweieinhalb Stunden.

Im Vergleich: Bei über 65-jährigen Männern sind es rund dreieinhalb Stunden, bei jüngeren Männern gut drei Stunden Das zeigt die von der Deutschen Herzstiftung geförderte „MEDEA-Studie“ des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) in Kooperation mit dem HelmholtzZentrum München und der Technischen Universität München.

Als Ursachen für die Verzögerungszeit bei Frauen sind in dieser Studie identifiziert worden, dass ältere Frauen häufiger alleine lebten – und so im Notfall niemanden Hilfe holt – und sie auch den Herzinfarkt häufig nicht als solchen erkennen würden. Ein Grund dafür: Die Herzinfarkt-Symptome seien vor allem bei älteren Frauen oft unspezifisch, es trete seltener ein starker Schmerz im Brustkorb (Vernichtungsschmerz) auf. ;(run mit dpa-Material)

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