IV-Projekt zu Herzinsuffizienz stellt alle zufrieden

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KÖLN (iss). Wolfgang Richter fühlt sich gut versorgt. "Man hat einfach mehr Sicherheit und nicht mehr diese Angstzustände", berichtet der Kölner Rentner. "Ich werde jeden Morgen angerufen. Ich berichte der Dame dann alles, und sie kümmert sich um das Notwendige. Das ist sehr beruhigend."

CorBene-Patienten wiegen sich täglich und geben die Werte durch. Gibt es Ausreißer, greifen die Ärzte sofort ein.

CorBene-Patienten wiegen sich täglich und geben die Werte durch. Gibt es Ausreißer, greifen die Ärzte sofort ein.

© Foto: PHTS

Richter, der an Herzinsuffizienz leidet, ist von seinem Kardiologen Dr. Jürgen Fritsch in das Integrationsprojekt CorBene eingeschrieben worden. Ziel ist die zwischen Hausärzten, niedergelassenen Kardiologen und Klinikärzten abgestimmte Behandlung von Patienten mit Herzinsuffizienz, begleitet von einem Telemonitoring. Hausärzte erhalten für ihre Patienten innerhalb von fünf Werktagen einen Termin beim Kardiologen. Für die Diagnostik stehen den Niedergelassenen Kardio-MRT und Kardio-CT zur Verfügung, die keine Regelleistung der GKV sind. Zu den Zielen gehören die Optimierung der Arzneitherapie und die Vermeidung von Klinikeinweisungen.

Zurzeit beteiligen sich 143 Hausärzte, 88 niedergelassene Kardiologen, elf Kliniken, fünf Reheinrichtungen und 140 Betriebskrankenkassen als Vertragspartner. CorBene ist bislang hauptsächlich in Nordrhein implementiert. "2008 wollen wir das Programm flächendeckend in ganz NRW anbieten", sagt Volker Latz, Bereichsleiter Versorgungsmanagement der Ford BKK. Auch Berlin und das Saarland sollen einbezogen werden.

Die am Projekt teilnehmenden Kardiologen erhalten eine Pauschale von 60 Euro für die Einschreibung der Patienten, danach jährlich 30 Euro. Für die Folgeuntersuchungen bekommen die Kardiologen 25 Euro. Die Vergütung der Hausärzte für die Überwachung und Folgeuntersuchungen beträgt 30 Euro im Jahr.

Die Zusammenarbeit zwischen Hausärzten und Kardiologen funktioniere gut, berichtet der Kölner Kardiologe Dr. Detlef Bernd Gysan, Vorsitzender des Berufsverbands niedergelassener Kardiologen Nordrhein. "Wir haben die Schnittstellen-Problematik überwunden", sagt er. Für CorBene haben die Niedergelassenen auf Basis der deutschen und der europäischen Leitlinien Therapieoptionen für die Praxis erarbeitet. Die am Projekt beteiligten Mediziner nutzen eine standardisierte elektronische Dokumentation.

Gysan arbeitet in einer Gemeinschaftspraxis, in der fünf Ärzte tätig sind. "Für die CorBene-Patienten haben wir einen Nachmittag in der Woche reserviert, wenn notwendig, machen wir auch einen zweiten frei", berichtet er. Das Angebot der schnellen Terminvergabe stoße bei den Hausärzten auf eine große Resonanz.

Das telemedizinische Monitoring trage dazu bei, die Zahl der Klinikeinweisungen zu verringern, sagt Gysan. Außerdem verstärke es das Vertrauen der Patienten zum Arzt. Das Monitoring übernimmt ein telemedizinisches Zentrum in Leipzig. Erfasst werden Parameter wie der Blutdruck, die Herzfrequenz, der Herzrhythmus, die Atemfrequenz oder das Gewicht. So wiegen sich die Patienten täglich und geben die Werte durch. Das erlaubt es, eine plötzliche Gewichtszunahme schnell zu erkennen.

Das war etwa bei Wolfgang Richter der Fall. Die Mitarbeiter des telemedizinischen Zentrums informierten den Kardiologen Fritsch, der sich sofort mit Richter in Verbindung setzte. Der Arzt erhöhte telefonisch die Dosis der Entwässerungstabletten und bestellte Richter in die Praxis. Bei der Suche nach den Ursachen für die Gewichtszunahme konnte Richter von der verbesserten Diagnostik bei CorBene profitieren. "Die zusätzliche Kernspintomografie hat uns viele Informationen geliefert und war eine optimale Vorbereitung für die Katheter-Untersuchung", sagt Fritsch.

Behandlung verbessert - Kosten gesenkt

CorBene wird wissenschaftlich begleitet von Professor Rainer Riedel, Medizin-Ökonom an der Rheinischen Fachhochschule Köln. In die bisherige Evaluation sind 306 Patienten einbezogen worden. Das Durchschnittsalter betrug 68,7 Jahre bei Männern und 69,2 Jahre bei Frauen. "81,2 Prozent der CorBene-Patienten mit einer systolischen LV-Funktionsstörung wurden medikamentös leitliniengerecht therapiert", berichtet Riedel. Durch CorBene sanken die Behandlungskosten von durchschnittlich 453 Euro auf 352 Euro. Diese Differenz wurde durch die zusätzlich im Programm anfallenden Kosten wie die extrabudgetäre Vergütung für die Niedergelassenen fast wieder ausgeglichen. Allerdings waren die Kosten bei der Kontrollgruppe auf etwa 600 Euro gestiegen. "Es gibt einen Doppeleffekt: Die Behandlungsergebnisse werden optimiert und es gibt Kostensenkungspotenzial", sagt Riedel. (iss)

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